174
175
Wir sehen also, dafs die gesellschaftliche oder all-
gemeine Profitrate verscliiedeii ausfallt, je nachdem sie nach
den Geldpreisen der Waren, oder nach. ihren Arbeitswerten
gerechnet wird. Welche von diesen beiden Profitraten hat
aber reale Geltung? Offenkundig die nach den Geldpreisen
gerechnete, da Profitbildung tatsachlich anf der Grundlage
der Warenpreise sich gestaltet. Es ist also bewiesen, dafs
auch in betreff des gesamten gesellschaftlichen Profits und
der allgemeinen Profitrate dem Mehrwert nicht grofsere
Geltung zukommt, als in bezug auf die Profite und Profit
raten einzelner Kapitalisten in einzelnen Produktionszweigen.
Die allgemeine Profitrate mfifste eine ganz andere sein, als
sie wirklich ist, ware sie durch den Mehrwert bestimmt. Das
ist natfirlich, da die relativen Geldpreise des variablen Kapitals,
konstanten Kapitals, Profits, mit deren relativen Arbeitswerten
wegen der Yerschieclenheit der Zusammensetzung des Kapitals
in respektiven Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion
nicht zusammenfalien. Die Behauptung von Marx, dafs „die
Abweichungen von (Arbeits-)Wert, die in den Produktions-
preisen der Waren stecken, sich gegeneinander aufheben u ,
geht also darin irre, dafs so etwas nur in bezug auf' das
Ganze des gesellschaftlichen Produktes gilt, nicht aber in
bezug auf seine Einteilungen in gesellschaftliches Kapital und
Profit, wodurch die Hohe der gesellschaftlichen Profitrate
festgestellt wil’d.
m.
Es ist auf diese Weise. bewiesen, dafs die allgemeine
Profitrate mit dem Verhaltnis des Mehrwerts zum gesell
schaftlichen Kapital nicht ' fibereinstimmt. Es bleibt zu
untersuchen, welchen Einfiufs auf die allgemeine Profitrate
die Yeranderungen in der Zusammensetzung des gesell
schaftlichen' Kapitals ausfiben. Der einzelne Kapitalist, wie
Marx richtig bemerkt, glaubt, dafs die Ersetzung.lebendiger
Arbeit in seinem Betrieb durch Maschinen seinen Profit
nicht verringert, sondern erhoht', und' erblickt darin den
Beweis, dafs „die lebendige Arbeit keine ausschliefsliche
Quelle des Profits ist“. Nun habe aber die Mehrwerttheorie
gerade an diesem Punkte ihren glanzendsten Sieg zu feiem.
Es sei ihr namentlich gelungen, von ihren Pramissen aus-
gehend, das hochst wichtige Entwicklungsgesetz der kapi-
talistischen Wirtschaft zu entdecken — das Gesetz des
tendenziellen Fallens der Profitrate, welches Marx als „das
Mysterium, um dessen Losung sich die ganze politische
Okonomie seit Adam Smith dreht lu , bezeichnet.
Das Gesetz selbst ist hochst einfach und scheint mit
logischer Notwendigkeit aus der absoluten Arbeitswerttheorie
zu folgen. Der Profit wird ja nur durch das variable
Kapital erzeugt. Steigt aber das gesellschaftliche konstante
Kapital infolge der Anwendung der zusatzlichen Produktions-
mittel schneller, als das gesellschaftliche variable Kapital,
so mufs bei anderen gleichbleibenden Bedingungen die all
gemeine Profitrate. sinken, da die Masse des gesamten
gesellschaftlichen Kapitals, durch welche man die Profit-
masse dividieren mufs, um die Profitrate zu bekommen,
der Yoraussetzung gemafs rascher wachst als die Profitmasse
(deren Grofse nur durch den variablen Teil des Kapitals
bedingt wird).
Dieses relativ raschere Tempo des Anwachsens des in
Produktionsmitteln angelegten Kapitals betrachtet Marx mit
vollem Recht als das Grundgesetz der kapitalistischen Ent-
wicklung. Die Tendenz zum Fallen der Profitrate sei also
ebenfalls mit dieser Entwicklung aufs engste verknfipft.
Das Gesetz der fallenden Profitrate scheint, wie gesagt,
eine logisehe Folge der absoluten Arbeitswerttheorie zu sein.
Nun ist das ein trfigerischer Schein: das Gesetz der fallenden
Profitrate folgt aus der absoluten Arbeitswerttheorie nicht.
Ich glaube das in meiner Schrift „Studien zur Theorie
und Geschichte der Handelskrisen in England“ schon be
wiesen zu haben. An dieser Stelle werde ich die Frage von
einer alnderen Seite betrachten und zugleich das richtige
Gesetz der Bewegung der Profitrate festzustellen versuchen.
1 Das Kapital, IIH, S. 193.