Full text: Theoretische Grundlagen des Marxismus

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in entgegengesetzter Richtung begleitet werden kann, je 
nach der Ursache dieses Fallens. Nimmt der Wert des in 
den Produktionsmitteln verkorperten Kapitals infolge der 
Yerringerang der Produktivitat der gesellschaftlichen Arbeit 
zu, so sinkt die Profitrate; sie steigt aber, falls die relative 
Zunahme des Sachkapitals auf Kosten des Loknkapitals 
durcb die Erhohung der Produktivkraft der gesellschaftlichen 
Arbeit hervorg.ernfen wird. Es ist tibrigens klar, dafs es 
gegen alle Wirtschaftsgesetze ware, wenn solche entgegen- 
r gesetzte wirtscbaftliche Momente, wie der Riickgang und 
die Zunahme der Arbeitsproduktivitat, dieselbe Wirkung 
auf die Profitrate austibten. 
Welchen Fall aber — den der Verringerung oder den 
der Erhohung der Arbeitsproduktivitat — wollte Marx 
untersuchen ? Offenbar den zweiten, da nur der zweite Fall 
der kapitalistischen Wirklichkeit entspricht. So sagt Marx, 
dafs die relative Abnahme des variablen Kapitals im Ver- 
haltnis zum konstanten „nur ein anderer Ausdruck fur die 
fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktiv 
kraft der Arbeit ist, die sich gerade darin zeigt, dafs ver- 
mittelst der wachsenden Anwendung der Maschinerie und 
fixem Kapital iiberhaupt mehr Roh- und Hilfsstoffe von 
derselben Anzahl Arbeiter in derselben Zeit, d. h. mit 
weniger Arbeit in Produkte verwandelt werden 44 1 . Den 
Einflufs dieses Momentes auf die Profitrate wollte Marx 
derselbe bleiben. Das variable Kapital verhalt sicb, seiner Masse nach, 
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zum Mehrprodukt wie 4q zu Y0O’ un ^ ^ st a l so > seinem Werte nach, 
140,8 Mill. Mk., der Mehrwert —259,2 Mill. Mk. gleich. Das konstante 
Kapital verhalt sich, seiner Masse nach, zum variablen wie -g- zu ^ 
und ist also 820 Mill. Mk. gleich. Der Arbeitswert des gesellschaftlichen 
Produktes ist also 320 p 4- 140,8 a + 259,2 r = 720. Die Profitrate ist 
259 2 
= ungefahr 56 Proz. Ygl. tibrigens liber dieselbe Frage meine 
Schrift „Studien zur Theorie und Geschichte der Handelskrisen in Eng- 
land“. 1900, Kapitel VII. 
1 K. Marx, Das Kapital. Ill 1 S. 192. 
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— 185 — 
bestimmen.. Es ist ihm aber ein wunderbares Qui pro quo 
begegnet. Statt der Erhohung der Arbeitsproduktivitat hat 
er den entgegen^esetzten Fall — den der Verringerung der 
Arbeitsproduktivitat— untersucht und ist auf diese Weise 
zu seinem Gesetz der faUenden Profitrate gelangt. Das hier 
ausgefuhrte beweist aber, dafs dies nicht nur kein wahres 
Gesetz ist, sondem dais sein gerades Gegenteil wahr ist: 
„die forts chreitende Entwicklung der gesellschaftlichen 
Produktivkraft der Arbeit 44 erzeugt die Tendenz nicht zum 
Fallen, sondern zum Steigen der Profitrate. 
Dieses letzte Gesetz ist als Tendenz ein nicht zu be- 
streitendes hochst wichtiges Moment der kapitalistischen 
Entwicklung. Aber nur als Tendenz, deren Wirkung andere 
Gegentendenzen durchkreuzen und aufheben. 
Unter diesen Gegentendenzen mogen folgende hervor- 
gehoben werden: 
1. die Verlangerung der Umschlagszeit des gesellschaft 
lichen Kapitals. Alle Ersetzung der Handarbeit durch 
maschinelle hat die Tendenz, die Quote des stehenden 
Kapitals auf Kosten des umlaufenden zu vergrofsern — also 
die Umschlagbewegung des Kapitals zu verlangsamen. 
Andrerseits haben die intensivere Ausnutzung des stehenden 
Kapitals, Beschleunigung des Transports und arbeitszeit- 
ersparende Yerbesserungen der Technik die Tendenz zur 
Verkurzung der Umsclilagszeit des gesellschaftlichen Kapitals. 
Wir haben also zwei Momente vor uns, die in entgegen 
gesetzter Richtung die Umschlagsbewegung des Kapitals 
beeinflussen. Es scheint jedoch, dafs das erste Moment 
eine grofsere Wirkung ausiibt und die Umschlagsbewegung 
des gesellschaftlichen Kapitals im grofsen und ganzen langer 
wird, was als ein machtiges, dem Steigen der Profitrate 
entgegenwirkendes Moment zu betrachten ist; 
2. die Verkurzung des Arbeitstages; 
3. das Steigen der realen Lohne der in der kapitalis 
tischen Industrie bescliaftigten Arbeiter. Wir haben gesehen, 
dafs dies Steigen sehr bedeutend sein mufs, um die Tendenz 
zum Steigen der Profitrate aufzuheben., Es ist aber wahr-
	        
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