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scheinlich, dafs das Steigen der real on Lohne der Arbeiter,
die in den kapitalistischen Grofsbetrieben (wo die Erhohiing
der Zusammensetzung des Kapitals am schlagendsten zum
Ausdruck kommt) beschaftigt sind, in der neuesten Zeit
stark genng war, run gegen die steigende Tendenz der
Profitrate wirksam zn reagieren;
4. das Steigen anderer Formen der Rente auf Kosten
des Profits; so die ungelienre Zunahme der Rente ans dem
stadtischen Grnndeigentnm *,
5. das Steigen der Quote, die vom Staate aus dem
Profit der Kapitalisten fiir seine Bedurfnisse durck Yer-
mittlung der Steuer weggenommen wird.
Alle diese Gegentendenzen heben die Tendenz zur
Steigerung der Profitrate infolge der Erhohung der Arbeits-
produktivitat ganz oder teilweise auf. Die Tendenz selbst
aber mufs bleiben, da sie niclits ist als ein spezifisch kapita-
listiseher Ausdruck fur die Yermelirung des Mehrproduktes,
liber welches die Gesellsehaft verfugt 1 .
IY.
Es ist also bewiesen, dafs die allgemeine Profitrate
ebensowenig wie die partiellen Profitraten von der Zu
sammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals abhangt.
Die Ersetzung der lebendigen Arbeit durch sachliche Pro-
duktionsmittel ist fur sich nicht imstande, die Profitrate
fallen zu lassen; diese fallt oder nimmt zu je nach den
Anderungen in der Arbeitsproduktivitat, inkeinemZusammen-
1 Es ist mir unlangst bekannt geworden, dafs der bekannte italienische
Soziologe Benedetto Croce gleichzeitig mit mir das Marxsche Gesetz der
fallenden Profitrate einer ahnlichen Kritik unterworfen hat. Der beziigliche
Aufsatz von Croce ist in „Atti dell’ Academia Ponfcaniana 44 im Mai 1899
erschienen, wahrend mein russischer Aufsatz iiber dieselbe Frage ebenfalls
im Mai 1899 in der russischen Zeitscbrift „Wissenschaftlicbe Rundschau 44
erschien. Croce, wie ich, kommt zu dem Schlufs, dafs die Erhohung der
Zusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals eine steigende, nicht aber
fallende Tendenz der Profitrate erzeugt. Aber die Beweisfiihrung von Croce
scheint mir nicht zwingend zu sein. Yergl. seine Schrift „Materialismo
Storico ed Economia Marxistica 44 * 1900. S. 209—224.
hang aber mit der Einteilung des gesellschaftlichen Kapitals
in den konstanten und variablen Teil. Nehmen wir etwa
an, dafs die Zahl der an der Production beschaftigten Ar.
beiter abnimmt, wegen ihrer Ersetzung durch Maschinen
und andere sachliche Produktionsmittel, so mufs das gewifs
zum Fallen des Arbeitswerts des Profits fuhren; da aber,
wie das in meinem Krisenbuch eingehend ausgefuhrt ist,
eine solche Ersetzung ein noch grofseres Fallen des Arbeits-
wertes des Kapitals zu ihrer Folge hat, so erzeugt die Yer-
drangung der Arbeiter durch die Maschinen, welche Dimen-
sionen sie auch annehmen moge, keine fallende, sondern eine
steigende Tendenz der Profitrate. Zwar bestimmt die Zu
sammensetzung des geseUschaftlichen Kapitals den Arbeits-
wert des Profits, nicht aber die Profitrate.
Oben war darauf hingewiesen, dafs die reale allgemeine
Profitrate wegen der Yers,chiedenheit der Zusammensetzung
des gesellschaftlichen Kapitals in einzelnen Produktions-
abteilungen mit der nach dem Mehrwertgesetz gerechneten
nicht zusammenfallt. Jetzt sehen wir, dafs auch die Ver-
anderung der all gem ein en Profitrate von der Yeranderung
der Zusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals ganzun-
abhangig geschieht. Nun besteht der Kern der Mehrwerttheorie,
insoweit sie die realen Tatsachen der Profitbildung erklaren
soli, in der Unterscheidung der sachlichen' Produktionsmittel
und der lebendigen Arbeit in bezug auf die Profitbildung, in
der Anerkennung, dafs nur das variable Kapital die Quelle des
Profits ist. *Wir haben aber festgestellt, dafs, was die Profit-
rate betrifft, kein Unterschied zwischen den sachlichen
Produktionsmitteln und lebendiger Arbeit zu ziehen ist: die
relative Ersetzung der lebendigen Arbeit durch sachliche
Produktionsmittel ruft keine fallende Tendenz der Profit-
rate hervor. Damit ist die Mehrwerttheorie als Theorie
der Gestaltung und der Yeranderungen der Profitrate teils
als unrichtig, teils als inhaltsleer bewiesen. Marx erkannte
die Bomiertheit des Blicks des Kapitalisten. in seiner Uber-
zeugung, dafs die Profitrate von der Zusammensetzung des
Kapitals ganz unabhangig ist. Wir haben aber bewiesen,