Full text: Zeitzeuge

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Zunächst ist zu erwähnen, daß die Emigration die Reihen der 
österreichischen Nationalökonomie schon vor 1938 stark 
gelichtet hat. Im Lauf der Zwischenkriegszeit gingen nach und 
nach: Josef Schumpeter, Paul Rosenstein-Rodan, Friedrich August 
Hayek, Gottfried Haberler, Ludwig Mises, Fritz Machlup, 
Gerhard Tintner; ferner die marxistischen ökonomen ( die 
im Zusammenhang mit der Niederschlagung des Februaraufstands 
fliehen mußten; am Rande auch Journalisten wie Gustav Stolper. 
Der Niedergang wird auffällig wenn man daran denkt, daß 
die österreichische Schule in der Vergangenheit ein großes 
Prestige besaß. Das Institut für Konjunkturforschung hat die 
Spätfolgen dieses Prestiges noch in Form eines alljährlichen 
Stroms von ausländischen Besucherin genossen. Die Bedeutung 
der österreichischen Schule .vor allem Mengers und Böhm-Bawerks, 
lag vielleicht weniger in ihren Inhalten, die man als eine 
Abwehr der marxistischen Gesellschaftskritik interpretieren kann, 
als in dem Kontext von liberalen Bestrebungen, die sich in 
natürlicher Weise aus Konstitution und Parlamentarismus 
einerseits und Industriealisierung andrerseits ergaben. 
Das Streben nach Toleranz, nach Vielfalt der Meinungen 
und nach Befreiung von den autoritären Mustern des Denkens und 
Verhaltens mußte für die österreichische Entwicklung von 
entscheidender Bedeutung sein. Gerade auf akademischen Boden 
haben diese Bestrebungen aber im Lauf der Zeit immer weniger 
Erfolg gehabt und das Klima hat sich im Lauf der Zeit immer 
mehr verschlechtert. In der Zwischenkriegszeit waren die drei 
Lehrstühle in wenig befriedigender Weise besetzt.Degenfeld 
(Wirtschaftspolitik) war eine unbedeutende farblose 
Persönlichkeit. Othmar Spann attakierte den Liberalismus 
von rechts; er konfrontierte die moderne Wirtschaft mit
	        
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