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Ich habe schließlich (1950) einen Unterschlupf im Institut
für Wirtschaftsforschung gefunden, einer Wiederbelebung
des Konjunkturinstituts ( an dem ich vor dem Krieg gewesen war.
Sein Leiter, Franz Nemschak, hat nicht nur den alten
organisatorischen Aufbau ( mit Kuratorium ) wiederhergestellt
( der übrigens in den Sozialpartnerstaat sehr gut hineinpaßte)
er hat auch in personeller Hinsicht eine ganz unösterreichische
Vorurteilslosigkeit gezeigt und auch die Emigranten gern
aufgenommen.
Anders freilich die Universität. Die Nationalökonomie war
dort, insbesondere nach der Emeritierung von Hans Mayer,
auf einem Tiefpunkt angelangt. Gerade zu dieser Zeit
reichte ich ein Habilitationsgesuch ein. Es wurde abgelehnt,
mit der Begründung, daß eine in englischer Sprache
veröffentlichte Arbeit nicht zur Beurteilung akzeptiert
werden könne, weil die Unterrichts-und die Amtssprache
der Universität deutsch sei. Um zu diesem Ergebnis zu kommen,
hatte die Fakultät ein Jahr gebraucht, die in derdamaligen
Habilitationsordrung vorgesehene Maximalfrist für eine
Beurteilung.
Die Fakul^tät hat sich im weiteren durch den natürlichen
Umschlag personell verändert. Professor Streißler, der
mit der früheren Angelegenheit nichts zu tun hatte, machte
mir den Vorschlag, mich zum Honorarprofessor zu
ernennen und ich stimmte gern zu ( ich fasse es sozusagen
als den zweiten Bildungsweg auf ). So bin ich seit 1970
mit diesem Titel geschmückt. Die Universität Graz hat
noch ein übriges getan und mit vor einigen Jahren zum
Ehrendoktor ernannt, eine sehr liebenswürdige Geste,
die mich gefreut hat.
Josef Steindl