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factischen Usus und in Uebereinstimmung mit den Vorschriften
des Berner Vertrages, in allen diesen Fällen die Haftpflicht
der Bahn gesetzlich so geregelt, wie sie durch Ausübung
der früheren gesetzlichen Licenz geregelt werden konnte.
Der factische Rechtszustznd ist also der gleiche geblieben,
er beruht aber nicht mehr auf dem Frachtverträge, sondern
auf dem Gesetze. Für Gewichtsverluste bei Gütern, welche
am Transporte wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit an
Gewicht verlieren, haftet die Eisenbahn nicht; für dieselben
ist ein Normalsatz im Reglement fixirt. Dieser Normalsatz
wird im Falle des Transportes mehrerer Güter für jedes Stück
separat berechnet. Bei gänzlichem Verluste des Gutes findet kein
Abzug des Normalsatzes statt. Auch tritt die Beschränkung
der Haftpflicht nicht ein, soweit der Verlust evident auf
andere Umstände zurückzuführen ist.
Eine Declaration des Interesses an der Lieferung findet
im Falle der Ausnahmstarife oder des Transportes von Kost
barkeiten, Kunstgegenständen, Geld und Werthpapieren nicht
statt. Nachträglich festzustellende Mängel des Transportgutes
können nur binnen einer Woche nach der Annahme geltend
gemacht werden. Die Geltendmachung kann nur erfolgen
durch Antrag auf gerichtliche Besichtigung des Gutes durch
Sachverständige oder durch schriftlichen Antrag bei der Bahn
auf Untersuchung des Transportgutes. Ist der Schaden durch
grobes Verschulden oder vorsätzlich herbeigeführt, so kann
sich die Bahn auf diese Bestimmungen nicht berufen. Gepäck,
welches zur Beförderung aufgegeben wurde, muss binnen
acht Tagen nach Ankunft des Zuges auf der Bestimmungs
station reclamirt werden. Beschränkungen def Höhe der
Schadenersatzpflicht durch die Eisenbahnverkehrsordnung im
Falle des Verlustes oder der Beschädigung von Reisegepäck
sind möglich, soferne der Schaden nicht auf Dolus .oder auf
grobes Verschulden zurückzuführen ist. Für Reisegepäck,
welches nicht aufgegeben wurde, haftet die Bahn nur, wenn
ihr ein Verschulden zur Last fällt. Für verspätete Ablieferung
des Reisegepäckes kann ein Höchstbetrag, welcher geringer
als die ganze Fracht sein kann, als Maximalentschädigungs
betrag festgesetzt werden. Die Haftpflicht der Eisenbahn ist
ausgeschlossen, wenn vom Transporte ausgeschlossene oder