Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K.K. Österreichischen Handels-Museums (1)

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darf weltwirtschaftlichen Verständnisses und wirthschafts- 
politischer Schulung. Ein ganz anderes Geschlecht von Kauf- 
leuten, Industriellen und Beratern derselben muss heran 
wachsen, bevor es einem Binnenvolke gelingen kann, für den 
vollen Ertrag seiner Arbeit Absatz zu finden, ein Geschlecht, 
das mit der Karte aller Weltteile, mit den Usancen und 
Stapelartikeln des Auslandes, mit Zoll- und Frachttarifen, 
Steuer- und Patentgesetzen, Geld- und Creditwesen der ganzen 
Welt vertraut ist und sich gegebenenfalls über die jeweiligen 
Zustände auf diesen Gebieten rasch zu Orienten versteht. 
Dazu kommt mit dem steigenden Wohlstände der kauf 
männisch industriellen Kreise auch das erwachende Bewusst 
sein ihres eig-enartigen Bildungsbedürfnisses. 
Der intelligente Kaufmann hat das bestimmte Gefühl, 
dass es neben dem überkommenen, vorwiegend theoretisch 
und schöngeistig gearteten akademischen Studiengange eine 
völlig gleichwertige, eminent moderne, empirisch-praktische, 
spezifisch kaufmännische Bildung geben müsse. Hat er selbst 
vielleicht sein Leben in den Dienst der gediegenen finan 
ziellen Fundamentirung seines Hauses stellen müssen, so 
wünscht- er seinen Kindern vernünftigerweise jenes Ausmaß 
von harmonisch ausgeglichener Schulung, das er sich selbst 
nicht vergönnen konnte, jedoch ohne innere Abwendung von 
dem kaufmännischen Boden, auf dem sich seine eigene Lebens 
arbeit vollzogen hat. Er wünscht ihnen eine auf umfassendem 
Wirklichkeitswissen beruhende, aber aus der liefe wirt 
schaftlicher Erkenntnis schöpfende, frei und gediegen in sich 
abgeschlossene, die ganze Persönlichkeit auch formal ent 
wickelnde Bildung, welche sie den Besten der Nation social 
und geistig gleichstellt. 
Natürlich machte sich dieses Bedürfnis zunächst in 
jenen Ländern geltend, die, am Weltmeere als der großen. 
Heerstraße des Welthandels gelegen, den edlen Ehrgeiz in 
sich fühlten, der britischen Kaufmannschaft die Herrschaft 
der Oceane streitig zu machen und an den civilisatorischen 
Aufgaben der Weltcolonisation theilzunehmen. Sollte der 
französische, der belgische, der amerikanische Kaufmanns 
stand dem britischen ebenbürtig werden, so musste er sich 
den weltumfassenden Blick, den die stolze Königin der Meere
	        
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