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bedeutet. Die Praxis und die Bestrebungen socialpolitischer
Juristen versuchten diese Gesetzesstelle einschränkend zu inter-
pretiren und die wirthschaftliche Ungerechtigkeit, welche
sie enthält, dadurch zu paralysiren, dass sie verlangten, das
Geschäft müsse für den Versprechenden ein Handelsgeschäft
sein. Allein auch dieser Tropfen socialen Oels ist nicht im
stande, dieser Gesetzesstelle das Antisociale zu nehmen.
Das neue Recht nimmt die sociale Cur viel radicaler
vor. Nur jene Conventionalstrafe, welche von einem
Kaufmanne im Betriebe seines Handelsgewerbes ver
sprochenwird, kann nicht herabgesetzt werden. Nicht
genug daran, für Handwerker und Kleinkaufleute gilt
die Bestimmung der Nichtherabsetzbarkeit der Con
ventionalstr afe überhaupt nicht.
Die Handwerker und Kleinkaufleute werden durch das
neue Recht gegenüber den Vollkaufleuten beim Vertrags
abschlüsse geschützt. So haben sie als Bürgen die Einrede
der Vorausklag'e; den Vollkaufleuten steht diese Einrede nicht
zu. Für sie gilt in dieser Beziehung bürgerliches Recht.
Nach deutschem bürgerlichem Rechte muss die Bürgschaft,
das Schuldversprechen und das Schuldanerkenntnis schrift
lich erfolgen. Sind diese Rechtsacte für Kaufleute Handels
geschäfte, dann cessirt die Formschrift. Handwerker und
Kleinkaufleute können nur schriftlich bürgen, anerkennen
und ohne besonderen Rechtsgrund eine Schuld versprechen.
Die Regelung - der Zinsenfrage bei Handelsschulden
ist durch das neue Recht wesentlich geändert. Der Zinsfuß
des Handelsrechtes ist von 6 auf 5% herabgesetzt, der des
neuen bürgerlichen Rechtes von 5 auf 4%• Was aber in
diesem Zusammenhänge besonders interessirt, ist die Ein
schränkung des Geltungsgebietes des handelsrechtlichen Zins
fußes. Letzteres galt sowohl bezüglich der gesetzlichen Zinsen,
wie auch bezüglich der Verzugszinsen bei Handelsgeschäften
für jeden Contrahenten, auch für den Nichtkaufmann, wenn
das Geschäft nur für seinen Gegencontrahenten ein Handels
geschäft war. Das einseitige Handelsgeschäft verpflichtete
beide Theile zu dem höheren Zinsfuß. Nach neuem Rechte
gilt dieser höhere Zinsfuß nur für beiderseitige Handels
geschäfte, und da es nun Handelsgeschäfte, welche von Nicht-