Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K.K. Österreichischen Handels-Museums (1)

Der unhaltbare Zustand auf gewerbepolitischem Gebiete, dessen 
Reform schon 1835 durch kaiserlichen Auftrag für unerlässlich erkannt 
und daher angeordnet war, wurde - erst viele Jahre danach, 1859, be 
seitigt, und wenn seither manche rückläufige Bestrebungen sich An 
erkennung verschafften, so blieb doch der Gewinn, dass die Selbst- 
thätigkeit des Gewerbestandes zur Wahrung seiner Interessen, und die 
Erstarkung des wirthschaftsgenossenschaftlichen Principes als das Haupt 
ziel der gewerbe-politischen Bestrebungen zur Geltung gebracht wurde. 
Als hieher einschlägig ist die gesetzliche Förderung der verschiedenen 
Formen des wirthschaftlichcn Associationswesens zu nennen, die aller 
dings zum Theile jetzt schon wieder weiterer Reformen dringend 
bedarf. 
Am großartigsten und greifbarsten zeigt wohl die ungeahnte Ent 
wicklung unseres Verkehrswesens den kolossalen Unterschied zwischen 
damals und jetzt. 
Man kann es kaum glauben, dass vor 50 Jahren noch der Eil 
und der Fuhrmannswagen das hauptsächlichste Beförderungsmittel zu 
Lande waren, dass die Nordbahn und kurze Staatsbahnstrecken (Brünn- 
Prag, Wien—Gloggnitz, Mürzzuschlag—Cilli) das Um und Auf der 
österreichischen Eisenbahnen, dass die Brief- und Fahrpost wegen 
überaus hoher Tarifsätze dem Mittel- und ärmeren Stande kaum zu 
gänglich war, dass die wenigen Telegraphenlinien von Privaten gar 
nicht benützt werden durften, dass der Verkehr zwischen unseren 
Häfen fast noch ausschließlich mit kleinen Segelschiffen vermittelt 
wurde! 
Und jetzt! Das Eisenbahnnetz ist von rund 1000 auf 17.000 km 
gestiegen, die Menge der beförderten Reisenden ist eine oofache, der 
Frachten eine 170fache! Die Post ist ein mustergiltiges, durch Wohl 
feilheit Jedermann zugängliches, den Verkehr über die ganze W eit 
umspannendes Institut geworden, welches 400mal mehr Brief- und einen 
200fach größeren Geldverkehr vermittelt, und in einem ausgezeichnet 
organisirten Postsparcassedienste, ferner in einem hundertfach. ausge 
dehnteren Telegraphen- und weitverzweigten I elephonnetze seine Er 
gänzung findet. 
Die Umgestaltung der Segelschiffe in weit leistungsfähigere Dampf 
schiffe erleichtert den näheren und ermöglicht überseeischen V erkehr. 
Es soll allerdings nicht verschwiegen werden, dass hier der Fortschritt 
relativ am geringsten war, gegen dem anderer Länder weit zurückblieb 
und daher auch bei diesem Anlasse die Nothwendigkeit einer kräftigen 
Förderung unserer Handelsmarine, wie selbe bekanntermaßen den Aller 
höchsten Intentionen so sehr entspricht, betont werden muss. 
Die Vcrkehrsbezielrtmgen der Monarchie zum Auslande, welche 
vor 1848 im Allgemeinen durch das Prohibitivsystem unterbunden 
waren und nur mit einem italienischen Staate, Neapel, dann (dank der 
weitsichtigen Politik des Prinzen Eugen) mit der lürkei vertiagsmäßige 
Erleichterung genoss, sind nun mit fast allen Staaten dei Erde durch
	        
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