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ergibt, so bedeutet der gleichlautende Rechtssatz in Deutsch
land etwas anderes wie hier; dort muss ein Kaufmann an
dem Geschäfte betheiligt sein, hier nicht. Aus der Gegen
überstellung nachfolgender Gesetzesstellen ergibt sich der
große Rechtsunterschied ganz deutlich:
§ 347 des deutschen H.-G.
»Wer aus einem Geschäfte, das auf
seiner Seite ein Handelsgeschäft ist,
einem anderen zur Sorgfalt verpflichtet
ist, hat für die Sorgfalt eines ordent
lichen Kaufmannes einzustehen.«
Art. 282 des österr. H.-G.
»Wer aus einem Geschäfte, welches
auf seiner Seite ein Handelsgeschäft
ist, einem anderen zur Sorgfalt ver
pflichtet ist, muss die Sorgfalt eines or
dentlichen Kaufmannes anwenden.«
Der Unterschied Zwischen beiden, nahezu gleichlautenden
Gesetzesstellen ist, kurz ausgedrückt, folgender: In Deutsch
land kann nur ein Kaufmann verpflichtet sein, für die Sorg
falt eines ordentlichen Kaufmannes einzustehen, in Oester
reich auch ein Nichtkaufmann, welcher ein Handelsgeschäft
abschließt.
Der Unterschied zwischen beiden Rechten zeigt sich
besonders auch an folgenden Rechtsinstituten.
Die Conventionalstrafe, dieses Sicherstellungsmittel
für die gehörige und rechtzeitige Erfüllung einer Verbindlich
keit, spielt im Handelsverkehre eine große Rolle. Sie wird,
um richtig zu wirken, hoch angesetzt, im gewöhnlichen
Rechtsverkehre oft übermäßig hoch. Ihr Zweck ist ein mehr
facher: sie hat nicht bloß die Bestimmung, die Saumsal des
Contrahenten durch die Androhung eines großen ökonomi
schen Opfers hintanzuhalten, sie dient auch dazu, dem Kläger
den Beweis des Verschuldens und der Höhe der Schadens
ziffer zu ersparen. Gerade diese Function verlieh der Con
ventionalstrafe bei unserem materiellen Schadenersatzrechte,
welches doch vorwiegend auf dem Principe des Verschuldens
beruht, eine große Bedeutung; dass zur Zeit der Herrschaft
des formellen Beweisverfahrens die Stipulirung einer Con
ventionalstrafe bei den Verträgen von größter Wichtigkeit
war, braucht nicht weiter auseinandergesetzt zu werden.
Die Erfahrung zeigte nun, dass die Höhe des voraus
bedungenen Vergütungsbetrages zumeist zu hoch gegriffen
war. Die Gründe dieser höheren Veranschlagung* sind vor
wiegend zweifache. Der Besteller einer Ware oder einer