Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K.K. Österreichischen Handels-Museums (1)

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Eine Ausnahme macht das Gesetz zu Gunsten der Land- 
und Forst wir th schaft. Ein Land- oder Forstwirth soll niemals 
Kaufmann sein, mag sein Wirthschaftsbetrieb kaufmännisch 
organisirt sein, oder mögen seine Geschäfte sich als technische 
Handelsgeschäfte qualificiren. Er muss keine Bücher führen, 
die Bediensteten seines Unternehmens, welche kaufmännische 
Dienstleistungen verrichten, sind keine Handelsgehilfen, ihr 
Dienstverhältnis wird nicht durch das sociale und humane 
Handelsrecht, sondern durch weniger arbeiterfreundliche Vor 
schriften geregelt. Seine Kauf- und Lieferungsverträge werden 
nicht nach Handelsrecht beurtheilt, er-braucht nicht die Sorgfalt 
eines ordentlichen Kaufmannes zu prästiren, mag auch die 
Größe seines Unternehmens an wir thsChaftli eher Präponderanz 
Gewerbebetriebe weit überragen, deren Unternehmern die 
strengen Pflichten eines Kaufmannes vom Gesetze auferlegt 
sind. So begründet die Bedenken sind, welche gegen die 
Begünstigung der land- und forstwirthschaftlichenUnternehmer 
sprechen, ihnen kommt doch ein formales, wenn auch gewiss 
nicht durchschlagendes Argument zugute. Ihr Betrieb ist kein 
»Gewerbe« im Sinne des Gewerberechtes, und wo kein Gewerbe, 
da auch kein Kaufmann. Ist dieser Ausnahme ein sophistisches 
Mäntelchen wenigstens zum Scheine umgehängt, so entbehrt 
die Ausnahmsstellung, die das neue Recht industriellen Unter 
nehmungen gewährt, welche mit dem Betriebe einer Land 
oder Forstwirthschaft verbunden sind, jeder Begründung. Das 
Gesetz schließt zwar diese Unternehmer vom Handelsrechte 
nicht aus, allein diese Industriellen werden nur dann Kauf 
leute, wenn sie wollen. Von ihrer Willkür hängt ihre recht 
liche Stellung ab, aber nicht nur diese, sondern auch die 
jener großen Schar von Angestellten, welche bei ihnen kauf 
männische Dienste verrichten. Es hängt von den Unternehmern 
ab, ob sie Bücher führen ; damit geht eine wichtige Controle der 
Redlichkeit und Ordnungsmäßigkeit ihres Geschäftsbetriebes 
für ihre Gläubiger verloren. Das Handelsrecht schafft hier einen 
neuen Begriff, den Kaufmann nach Laune, eine juristische 
Monstrosität, welche man in heutigen Zeitläuften doch nicht 
mehr für möglich halten sollte. Diese Unternehmer betreiben 
ein Handelsgewerbe, da ja ihre Unternehmungen gewiss nach 
Art und Umfang kaufmännisch organisirt sind, und sind
	        
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