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Verordnung des Ministers für Cultus und Unterricht
vom 5. August 1899,
betreffend die Erlassung einer Vorschrift über die Prüfung der Candidaten
des Lehramtes an höheren Handelsschulen.
Auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 15. Juli 1899 wird über die Prüfung
der Candidaten des Lehramtes an höheren Handelsschulen nachstehende Vorschrift
erlassen:
Artikel I.
Prüfungscommissionen.
§ 1. Die Befähigung für das Lehramt an höheren Handelsschulen wird
durch eine Prüfung ermittelt, welche von den vom Minister für Cultus und Unter
richt hiezu eingesetzten Prüfungscommissionen vorgenommen wird. In diese
Commissionen, welche die Bezeichnung «K. k. Prüfungscommission für das Lehramt
an höheren Handelsschulen» zu führen haben, werden Fachmänner berufen, welche
eine besondere Qualifikation im Lehramte oder in der Praxis besitzen.
§ 2. Der Inspector für den commerciellen Unterricht ist berechtigt, den
Prüfungen beizuwohnen.
Artikel II.
Zweck, Form der Prüfung, Gruppen der Prüfungsgegenstände.
§ 3. Durch die Prüfung soll der Nachweis geliefert werden, dass der
Candidat die Fachgegenstände, in welchen er zu unterrichten beabsichtigt, und
ihre methodische Behandlung soweit beherrscht, dass er den Forderungen, welche
in- und außerhalb der Schule an derartige Fachlehrer gestellt werden, vollkommen
entspricht.
§ 4. Die Prüfung zerfällt in folgende Stadien:
1. die Hausarbeit,
2. die Clausurprüfung,
3. die mündliche Prüfung,
4. die Probelection.
§ 5. Die Prüfung hat, außer Nachweisung über eine ausreichende Kenntnis
der Unterrichtssprache, eine der folgenden Gruppen von Fachdisciplinen nach den
im Artikel IV bezeichneten Forderungen zum Gegenstände:
Erste Gruppe (drei Hauptgegenstände).
1. Buchhaltung, Correspondenz und Comptoirarbeiten.
2. Kaufmännisches Rechnen und politische Arithmetik.
3. Wirtschafts- und Rechtskunde.
Zweite Gruppe (zwei Hauptgegenstände).
1. Handelsgeographie.
2. Warenkunde.
Artikel IIT.
Meldung und Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung.
a) Einbringung des Gesuches.
§ ö. Das Gesuch um Zulassung zur Ablegung der Prüfung in einer der
im § 5 erwähnten Fachgruppen ist an die Direction jener Prüfungscommission zu
richten, vor welcher der Candidat die Prüfung zu bestehen beabsichtigt.
Dem Gesuche sind beizulegen:
1. eine Darstellung des Lebenslaufes des Gesuchstellers, worin derselbe
den Gang seiner Bildung, die Richtung, den Umfang und die literarischen Hilfs
mittel seiner speciellen für die Prüfung gemachten Studien mit derjenigen Genauig
keit anzugeben hat, durch welche die Prüfungscommission in den Stand gesetzt
wird, zu entscheiden, ob der eingehaltene .Studiengang den vorgeschriebenen An
forderungen entspricht;
2. die Studienzeugnisse und sonstigen Atteste (über die eventuelle praktische
Verwendung u. s. w.);
3. der Nachweis der staatsbürgerlichen und sittlichen Unbescholtenheit.