133
wenigstens in allgemeinen Umrissen orientiert und im Stande sein, die Geschichte
und die Natur der Handelskrisen im Zusammenhänge mit den gleichzeitigen
Wirtschaftsverhältnissen darzustellen und zu beurtheilen.
§ 18. Aus der Einanzwissenschaft müssen dem Candidaten die wichtigsten
Erscheinungen und Grundsätze der Staatswirtschaft, insbesondere die Arten der
Staatsausgaben, Staatseinnahmen und Staatsschulden, ferner das Geldwesen der
europäischen Staaten im allgemeinen und jenes der Österreichisch-Ungarischen
Monarchie im einzelnen bekannt sein.
b) Handels- und Wechselrecht.
§ 19- Aus Handels- und Wechselrecht ist von dem Candidaten eine genaue
Kenntnis des österreichischen Handelsgesetzbuches und der Wechselordnung zu
verlangen (juridisch strittige Fragen sind ausgeschlossen). Ferner müssen demselben
die wesentlichen Abweichungen der diesbezüglichen Gesetzgebung Ungarns, die
Grundsätze des Wechselprocesses, die hauptsächlichen Bestimmungen der Concurs-
und Gewerbeordnung, die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften über Wechsel
stempel und Effectenumsatzsteuer, dann über Versicherungsanstalten, Erwerbs-und
Wirtschaftsgenossenschaften, über Lagerhäuser, Patent-, Marken- und Musterschutz,
über Promessen- und Ratengeschäfte, Hausierhandel, Handelsagenten und über
Handelskammern, endlich das Wesentlichste aus dem Eisenbahn-Betriebsreglement
hinsichtlich des Frachtwesens geläufig sein. Vom Candidaten wird schließlich er
wartet, dass er jene Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches und der Civil-
processordnung kennt, welche bei der Beurtheilung geschäftlicher Vorfälle und
kaufmännischer Documente häufig zur Anwendung gelangen.
§ 20. Von der Literatur im Bereiche der Wirtschafts- und Rechtskunde
sollen dem Candidaten die wichtigsten neueren Werke nicht unbekannt sein; doch
ist für jedes einschlägige Fach zunächst, und zwar auch im Interesse der Systematik
das gründliche Studium eines tüchtigen Autors zu empfehlen.
Zweite Gruppe,
i. Handelsgeographie.
§ 21. Der Candidat soll in der Lage sein, die wissenschaftlichen Resultate
der allgemeinen Geographie und deren Hilfswissenschaften (Geologie, Bodenkunde,
Oceanographie, Klimatologie, Thier- und Pflanzengeographie, Anthropologie etc.)
an den geographischen Einzelerscheinungen darzulegen und ein Bild vom gegen
wärtigen wirtschaftlichen Leben der Menschheit zu geben. Insbesondere soll der
selbe erklären können, wie die große Handelsbewegung zwischen den einzelnen
Erdräumen, die Erzeugung und der Umsatz der Güter eine nothwendige Folge
der natürlichen Bedingungen einerseits und der Thätigkeit des Menschen anderer
seits sind.
Im einzelnen hat der Candidat nachzuweisen: Aus der allgemeinen
Theorie: Vertrautheit mit den wissenschaftlichen Grundlagen der angewandten
praktischen Meteorologie, Klimatologie (auch der hygienischen), mit den Principien
der Geologie und geognostischen Formationslehre, mit der Plastik der Gebirge
und dem verkehrsgeographischen Charakter der letzteren, mit dem Verkehrsleben
in den Wüsten und Steppen; Kenntnis der wichtigsten Grundsätze der Boden
kunde, der Vertheiiung der wichtigsten Culturpflanzen und Nutzthiere, der
physikalischen Einwirkung des Waldes auf Luft und Boden, der Quellenbildung
mit Berücksichtigung der Mineralquellen, der Ströme mit Rücksicht auf ihre
culturhistorische und verkehrstechnische Bedeutung, der Theorie der Über
schwemmungen; Kenntnis der Oceanographie, insoferne dieselbe für den Verkehr
von Bedeutung ist. Aus der Handelsgeographie der einzelnen Staaten
und deren (Kolonien (mit besonderer Berücksichtigung der Beziehungen dieser
Länder zu Österreich-Ungarn). Die Kenntnis folgender Einzelheiten: WiTtlace (in
handelsgeographischer und strategischer Beziehung); Bevölkerung (Größe, Dichte,
nationale Zusammensetzung, Volkscharakter, allgemeine und fachliche Bildung,
Umgangs- und Geschäftssprachen, Arbeits- und Capitalskraft, Vertheiiung der
Bevölkerung nach Beschäftigung; Grundzüge der Staatsverfassung und -Verwaltung,