Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (2)

II. 
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Entwicklung des commerciellen Unterrichtswesens in 
Österreich. 
Zum erstenmale wurde in Österreich die Möglichkeit und N'öth- 
wendigkeit, eine geeignete Unterrichtsanstalt für den Handel zu schaffen, 
unter der großen Kaiserin Maria Theresia anerkannt, und zwar durch 
die infolge der kaiserlichen Entschließung vom Jahre 1769 erfolgte 
Errichtung der k, k. Real-Handlungsakademie in Wien, welche am 
11. Juni 1770 eröffnet wurde und aus zwei Jahrgängen bestand. In 
der ersten Classe wurden folgende Gegenstände gelehrt: Arithmetik, 
Vernunft- und Sittenlehre, Deutsche Sprache und Stil, Geographie, 
Schreib- und Zeichenkunst. Der Lehrplan der zweiten Classe umfasste 
Rechenkunst, Handlung s Wissenschaft, Geometrie, Naturlehre, 
doppelte Buchhaltung, Stil, Geographie, französische und italienische 
Sprache, Schreib- und Zeichenkunst. 
Die Akademie hatte eine entsprechende Schülerzahl und gute 
Unterrichtserfolge aufzuweisen und hätte eine außerordentliche Entwick 
lung nehmen können, wenn nicht — die finanziellen Mittel gemangelt 
hätten. Es wurden sonderbarerweise die umfassendsten Vorerhebungen 
und Berathungen gepflogen, erschöpfende Vorträge erstattet und eine 
Schul-Commission gebildet, aber für die nothwendigerweise eintretenden 
voraussehbaren Mehrkosten keine Bedeckung vorgesehen. Die Anstalt 
wurde gegründet, aber die Entwicklung derselben unmöglich gemacht. 
Infolge der finanziellen Calamitäten wurde gerade das Handels 
schulwesen in Österreich seither ganz besonders oft zur künstlichen 
Beschränkung, ja sogar zeitweise zum Rückschritt, zur Auflösung einzelner 
Anstalten, gezwungen. Nur durch die Selbstlosigkeit des Directors und 
der Lehrer konnte die k. k. Real-Handelsakademie mehr als 30 Jahre 
als selbständige Staatsanstalt bestehen. I ) Durch das Allerhöchste Hand 
schreiben vom 21. Jänner 1804 wurde diese Akademie in eine Real 
anstalt umgewandelt. 
Eine zweite unter Maria Theresia (1751) gegründete Anstalt, 
die nautische Schule in Triest, erhielt durch die im Jahre 1817 
erfolgte Ausgestaltung zu einer nautischen und Handelsakademie 
dauernde Bedeutung für die Ausbildung commercieller Kräfte, die aber 
infolge der italienischen Unterrichtssprache auf das Gebiet von Triest 
und das Küstenland beschränkt blieb. 
Im Jahre 1815 wurde das k. k. polytechnische Institut in 
Wien errichtet, dessen commercielle Abtheilung Vorlesungen über 
«den Geschäfts- und Correspondenzstil für Kaufleute, die Handelswissen 
schaft, das Handels- und Wechselrecht und die Handelsgeographie mit 
je 2 Stunden in der Woche, die Mereantil-Rechenkunst mit 5, die kauf 
männische Buchhaltung mit 4, Handelsgeschichte und Warenkunde mit 
1 ) Glasser a. a. O.
	        
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