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Es werden zwar nicht alle Kaufleute die ethische und wirtschaft
liche Bedeutung des Handels kennen und sich meist damit begnügen,
dass das Geschäft gut geht, aber der Handelslehrer muss gerade in
dieser Hinsicht außer den kaufmännischen Kenntnissen auch die Wirk
samkeit und Wichtigkeit des Handels voll verstehen. Von diesem
Gesichtspunkte aus, kann es nicht als richtig erscheinen, wenn man
den Handels-Fachlehrerstand als Ventil für in zu großer Menge vor
handene Mittelschullehrer oder Bürgerschullehrer betrachtet. Man wird
damit keine besonderen Erfahrungen machen, was ja eigentlich selbst
verständlich ist, denn von den Mittelschullehrern werden sich meist
nicht die besten der commerciellen Gruppe zuwenden, wodurch sie
ein jahrelanges Studium über Bord werfen würden. Die Candidaten
für Volks- und Bürgerschulen aber können für diese Gruppe wohl nur
in Zeiten der Noth herangezogen werden, denn eine Fachbildung haben sie
nicht genossen, und die allgemeine Bildung hat sich in einer ganz anderen
Richtung bewegt, als bei den Mittelschullehrern. Dagegen werden sich die
Mittelschullehrer und Bürgerschullehrer, welch letztere meist eine große pä
dagogische Erfahrung besitzen, für die anderen Gruppen sehr gut eignen.
Die Lehrer für die Handelslehranstalten sollten am besten ihre
Ausbildung an einer Handelshochschule in einem hiefür besonders
organisierten Handelslehrerseminar erhalten.
Als vortheilhafteste Vorbildung für das Handelsschullehrer-Semmar
muss die höhere Handelsschule oder Handelsakademie angesehen werden,
woran sich die allgemeinen Mittelschulen, wie Gymnasien, Realschulen etc.
anreihen. Es kommt hier auch noch der Umstand in Betracht, dass gerade
die für den Kaufmann wuchtigsten Disciplinen an den übrigen An
stalten nicht nur keine Pflege finden, sondern sogar absichtlich ver
nachlässigt werden, wie z. B. das Ziffernrechnen, wirtschaftliche und
rechtliche Fächer und die äußere Form. Einige dieser Gegenstände
und Fertigkeiten können aber sehr schwer im Hochschulstudium er
langt werden, weil sich das Kopfrechnen, Additionsübungen, Schön
schreiben etc. gewiss nicht für das Hochschulstudium eignen und
andererseits es keinem Menschen einfallen wird, die lateinische und
griechische Declination und Corijugation an einer Hochschule einüben
lassen zu wollen. Ebenso wie für die Universität als Vorbereitung
das Gymnasium die nöthige Schulung bewirken muss, kann als die
richtigste Vorbildung für die Handelshochschule eine höhere Handels
schule, vielleicht mit einer anderen Organisation als die heute be
stehenden angesehen werden. Auf keinen Fall kann es aber wünschens
wert erscheinen, dass ein Studierender, welcher in einer anderen Facultät
nicht fortkommen konnte oder nach vollendetem Studium infolge persön
licher Untüchtigkeit keine entsprechende Stellung finden konnte, nunmehr
hier seine Zukunft und spätere Lebensstellung erhofft, denn er wird es
gewiss nicht aus innerem Drange thun. Ausnahmen kommen selbstver
ständlich vor.
Die 4. und 5. Gruppe der Lehrfächer wird fast an allen niederen
Handelslehranstalten infolge der geringen Classen- und Stundenzahl