Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (2)

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Es werden zwar nicht alle Kaufleute die ethische und wirtschaft 
liche Bedeutung des Handels kennen und sich meist damit begnügen, 
dass das Geschäft gut geht, aber der Handelslehrer muss gerade in 
dieser Hinsicht außer den kaufmännischen Kenntnissen auch die Wirk 
samkeit und Wichtigkeit des Handels voll verstehen. Von diesem 
Gesichtspunkte aus, kann es nicht als richtig erscheinen, wenn man 
den Handels-Fachlehrerstand als Ventil für in zu großer Menge vor 
handene Mittelschullehrer oder Bürgerschullehrer betrachtet. Man wird 
damit keine besonderen Erfahrungen machen, was ja eigentlich selbst 
verständlich ist, denn von den Mittelschullehrern werden sich meist 
nicht die besten der commerciellen Gruppe zuwenden, wodurch sie 
ein jahrelanges Studium über Bord werfen würden. Die Candidaten 
für Volks- und Bürgerschulen aber können für diese Gruppe wohl nur 
in Zeiten der Noth herangezogen werden, denn eine Fachbildung haben sie 
nicht genossen, und die allgemeine Bildung hat sich in einer ganz anderen 
Richtung bewegt, als bei den Mittelschullehrern. Dagegen werden sich die 
Mittelschullehrer und Bürgerschullehrer, welch letztere meist eine große pä 
dagogische Erfahrung besitzen, für die anderen Gruppen sehr gut eignen. 
Die Lehrer für die Handelslehranstalten sollten am besten ihre 
Ausbildung an einer Handelshochschule in einem hiefür besonders 
organisierten Handelslehrerseminar erhalten. 
Als vortheilhafteste Vorbildung für das Handelsschullehrer-Semmar 
muss die höhere Handelsschule oder Handelsakademie angesehen werden, 
woran sich die allgemeinen Mittelschulen, wie Gymnasien, Realschulen etc. 
anreihen. Es kommt hier auch noch der Umstand in Betracht, dass gerade 
die für den Kaufmann wuchtigsten Disciplinen an den übrigen An 
stalten nicht nur keine Pflege finden, sondern sogar absichtlich ver 
nachlässigt werden, wie z. B. das Ziffernrechnen, wirtschaftliche und 
rechtliche Fächer und die äußere Form. Einige dieser Gegenstände 
und Fertigkeiten können aber sehr schwer im Hochschulstudium er 
langt werden, weil sich das Kopfrechnen, Additionsübungen, Schön 
schreiben etc. gewiss nicht für das Hochschulstudium eignen und 
andererseits es keinem Menschen einfallen wird, die lateinische und 
griechische Declination und Corijugation an einer Hochschule einüben 
lassen zu wollen. Ebenso wie für die Universität als Vorbereitung 
das Gymnasium die nöthige Schulung bewirken muss, kann als die 
richtigste Vorbildung für die Handelshochschule eine höhere Handels 
schule, vielleicht mit einer anderen Organisation als die heute be 
stehenden angesehen werden. Auf keinen Fall kann es aber wünschens 
wert erscheinen, dass ein Studierender, welcher in einer anderen Facultät 
nicht fortkommen konnte oder nach vollendetem Studium infolge persön 
licher Untüchtigkeit keine entsprechende Stellung finden konnte, nunmehr 
hier seine Zukunft und spätere Lebensstellung erhofft, denn er wird es 
gewiss nicht aus innerem Drange thun. Ausnahmen kommen selbstver 
ständlich vor. 
Die 4. und 5. Gruppe der Lehrfächer wird fast an allen niederen 
Handelslehranstalten infolge der geringen Classen- und Stundenzahl
	        
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