Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (2)

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wenige Ausnahmen unter diesen Fachlehrern bekannt, welche die 
Unterrichtssprache und die Fremdsprache gleich vollkommen beherrschen 
und daher mit den angeführten Verhältnissen nicht zu kämpfen haben. 
Der geborene Franzose, beziehungsweise Engländer eignet sich am besten 
für den Unterricht in den obersten Abtheilungen, in welchen die 
Lernenden in Sprache und Charakter bereits reifer sind. Er ist 
insbesondere bei einer richtigen Methode im Stande, den austretenden 
Absolventen den «Finish» zu geben. 
Die Sprachlehrer suchen die Schwierigkeiten der Handelscorre- 
spondenz selbstredend auf sprachlichem Gebiet, was gar nicht der Fall ist; 
da ihnen das nöthige Verständnis für die Technik des Betriebes häufig 
mangelt, können sie auch die sich daraus ergebende Correspondenz 
nicht genau verfolgen und verfallen in die grundfalsche Meinung, dass 
die Briefe nach einer gewissen Schablone gearbeitet werden können. 
Der dritte Modus, die fremde Correspondenz durch einen 
Handelsfachlehrer unterrichten zu lassen, kommt eigentlich der 
Praxis am nächsten, weil hier auch die commerciellen Erfordernisse am 
meisten, die sprachlichen weniger Berücksichtigung finden. So sehr 
wünschenswert dieser Vorgang auch vielleicht aus Rücksichten auf die 
bessere Verwendbarkeit des Absolventen wäre, wird er vorderhand nur 
sehr selten in Anwendung kommen können, weil die Handelsfachlehrer 
nur in wenigen Ausnahmefällen eine fremde Sprache so weit beherr 
schen werden, um darin unterrichten zu können; man findet aber diese 
Besetzung des fremdsprachigen Handelscorrespondcnz-Unterrichtes häufig 
in zweisprachigen Gegenden Österreichs, an slavischen und italienischen 
Handelsschulen, ferner in der Schweiz etc. ln dieser Beziehung gibt 
es allerdings einen sehr einfachen Ausweg, indem man einen geborenen 
Franzosen, der Handelslehrer ist, bestellt, wobei aber wieder — 
abgesehen von der Schwierigkeit, einen solchen zu finden — zu 
bedenken ist, dass die philologische Vorbildung unseren Ansprüchen 
in den seltensten Fällen genügen dürfte und der allgemeine Nutzen 
dieses Unterrichtes darunter leiden würde. 
Damit kommen wir zur Ertheilung des Correspondenz- 
Unterrichtes in der Muttersprache der Schüler, die ja gewöhnlich 
durch einen Handelslehrer erfolgt. Voraussetzung für die ganze Be 
sprechung über die Lehrkräfte ist natürlich, dass der Correspondenz- 
lehrer persönlich gut vorgebildet, geschickt und wohl erfahren sei, 
sowie insbesondere einen besonderen Fleiß habe, da er sich die ganz 
ungeheuer wachsenden Correcturen, die in der Correspondenz am um 
fangreichsten und unangenehmsten sind, nicht verdrießen lassen darf. 
Aber selbst unter dieser Voraussetzung kennen oder würdigen 
häufig die Handelslehrer zu wenig die sprachlichen und recht 
lichen Grundlagen der Correspondenz; ein großer Grad von 
Borniertheit und Indolenz, der ihn für sein Amt minderwertig macht, 
gehört aber dazu, wenn der Betreffende meint: «Was geht mich das 
Handelsrecht an», oder «was geht mich die Grammatik an; das ist 
kaufmännisch». Der Begriff «kaufmännisch» in dieser Anwendung
	        
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