184
wenige Ausnahmen unter diesen Fachlehrern bekannt, welche die
Unterrichtssprache und die Fremdsprache gleich vollkommen beherrschen
und daher mit den angeführten Verhältnissen nicht zu kämpfen haben.
Der geborene Franzose, beziehungsweise Engländer eignet sich am besten
für den Unterricht in den obersten Abtheilungen, in welchen die
Lernenden in Sprache und Charakter bereits reifer sind. Er ist
insbesondere bei einer richtigen Methode im Stande, den austretenden
Absolventen den «Finish» zu geben.
Die Sprachlehrer suchen die Schwierigkeiten der Handelscorre-
spondenz selbstredend auf sprachlichem Gebiet, was gar nicht der Fall ist;
da ihnen das nöthige Verständnis für die Technik des Betriebes häufig
mangelt, können sie auch die sich daraus ergebende Correspondenz
nicht genau verfolgen und verfallen in die grundfalsche Meinung, dass
die Briefe nach einer gewissen Schablone gearbeitet werden können.
Der dritte Modus, die fremde Correspondenz durch einen
Handelsfachlehrer unterrichten zu lassen, kommt eigentlich der
Praxis am nächsten, weil hier auch die commerciellen Erfordernisse am
meisten, die sprachlichen weniger Berücksichtigung finden. So sehr
wünschenswert dieser Vorgang auch vielleicht aus Rücksichten auf die
bessere Verwendbarkeit des Absolventen wäre, wird er vorderhand nur
sehr selten in Anwendung kommen können, weil die Handelsfachlehrer
nur in wenigen Ausnahmefällen eine fremde Sprache so weit beherr
schen werden, um darin unterrichten zu können; man findet aber diese
Besetzung des fremdsprachigen Handelscorrespondcnz-Unterrichtes häufig
in zweisprachigen Gegenden Österreichs, an slavischen und italienischen
Handelsschulen, ferner in der Schweiz etc. ln dieser Beziehung gibt
es allerdings einen sehr einfachen Ausweg, indem man einen geborenen
Franzosen, der Handelslehrer ist, bestellt, wobei aber wieder —
abgesehen von der Schwierigkeit, einen solchen zu finden — zu
bedenken ist, dass die philologische Vorbildung unseren Ansprüchen
in den seltensten Fällen genügen dürfte und der allgemeine Nutzen
dieses Unterrichtes darunter leiden würde.
Damit kommen wir zur Ertheilung des Correspondenz-
Unterrichtes in der Muttersprache der Schüler, die ja gewöhnlich
durch einen Handelslehrer erfolgt. Voraussetzung für die ganze Be
sprechung über die Lehrkräfte ist natürlich, dass der Correspondenz-
lehrer persönlich gut vorgebildet, geschickt und wohl erfahren sei,
sowie insbesondere einen besonderen Fleiß habe, da er sich die ganz
ungeheuer wachsenden Correcturen, die in der Correspondenz am um
fangreichsten und unangenehmsten sind, nicht verdrießen lassen darf.
Aber selbst unter dieser Voraussetzung kennen oder würdigen
häufig die Handelslehrer zu wenig die sprachlichen und recht
lichen Grundlagen der Correspondenz; ein großer Grad von
Borniertheit und Indolenz, der ihn für sein Amt minderwertig macht,
gehört aber dazu, wenn der Betreffende meint: «Was geht mich das
Handelsrecht an», oder «was geht mich die Grammatik an; das ist
kaufmännisch». Der Begriff «kaufmännisch» in dieser Anwendung