Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (2)

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größere Fortschritte zu verzeichnen gewesen wären — im Gegentheile, 
der kaufmännische Unterricht fand bei den maßgebenden Stellen fast 
gar keine Beachtung und Unterstützung, nur zu häufig mangelten die 
nöthigen Mittel zu einer den Anforderungen der gegenwärtigen Zeit 
entsprechenden Ausgestaltung, infolgedessen auch ein entsprechender 
Nachwuchs an tüchtigen Lehrkräften und die nöthigen Studieneinrichtungen. 
Erst Seine Excellenz der Herr Unterrichtsminister Freiherr 
von Gautsch unternahm es, das Chaos, welches auf dem Gebiete des 
commerciellen Unterrichtswesens herrschte, zu durchdringen und zum 
erstenmale die geregelte Organisation der kaufmännischen Vorbildung 
in'Angriff zu nehmen, wofür der damalige, unermüdlich für die Er 
weiterung der Bildung bestrebte Ministerialsecretär Dr. Franz Ritter 
von Haymerle die nothwendigen vorbereitenden Schritte einleitete 
und Reformvorschläge unterbreitete. 
Das bedeutendste und für die weitere Entwicklung des kaufmännischen 
Bildungswesens Österreichs wichtigste Ergebnis der Bestrebungen zur 
Hebung und Regelung dieses Bildungszweiges war die Ernennung eines In 
spectors für den commerciellen Unterricht im k. k. Ministerium 
für Cultus und Unterricht, wozu der durch seine langjährige Wirksamkeit 
viel verdiente Professor der Handelsgeographie an der Wiener Handels 
akademie, Dr. Karl Zeh den, der auf seinen Reisen die Bedürfnisse des 
Handels und Kaufmannsstandes genau kennen gelernt hatte, ausersehen 
wurde. Es war wahrlich keine leichte Aufgabe, bei welcher ein Zuviel 
noch mehr geschadet hätte, als ein Zuwenig, und es bedurfte des 
weiten Blickes, der großen Erfahrung und der ganzen unermüdlichen 
Thätigkeit eines solchen Mannes, um das commercielle Bildungswesen 
unseres Vaterlandes auf eine derartige Stufe zu heben, dass wir heute mit 
Genugtuung constatieren können, dass das Ausland sehr häufig Fach 
männer zum Studium unserer Handelsschulen entsendet und andererseits 
alle Jahre eine verhältnismäßig nicht geringe Anzahl von Lehrkräften an 
Schulen des Auslandes berufen werden, wobei denselben dort bedeutend 
größere Vortheile geboten werden. Bei dieser ungeheuren Arbeit war 
diejenige Eigenschaft am nötigsten, ohne welche ich mir keinen guten 
und dauernde Erfolge erzielenden Lehrer oder Leiter einer Unterrichts 
anstalt denken kann, —• ein stets ersichtliches und gleiches Wohlwollen. 
Die Reform, die oft infolge der beschränkten Mittel eigentlich aus 
mehreren kleinen, oft nur schrittweise zu erzielenden Fortschritten 
bestehen konnte, war sehr schwierig durchzuführen und erstreckte sich 
auf die Organisation der Schulen, die Lehrpläne und Studienein- 
richtungen, die Lehrmittel und die Lehrer, wobei stets die Ansichten 
erfahrener Kaufleute mit berücksichtigt wurden. 
Es wurden Normalstatuten und Normallehrpläne für die 
verschiedenen Handelsschulkategorien ausgearbeitet,was als ein bedeutender 
Fortschritt angesehen werden muss. 
Fast gleichzeitig wurde in Böhmen und Mähren eine Reihe neuer 
Anstalten gegründet. Diese Schulen brachten die Normallehrpläne zur 
Durchführung, wodurch Gelegenheit zur Sammlung von Erfahrungen in
	        
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