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Bildung, bezüglich des Correspondenzunterrichtes und eines großen
Theiles der Lectüre aber reiner Fachunterricht, und in dieser
Hinsicht auch bereits an und für sich Fachgegenstand.
Dem Unterrichte in den modernen Sprachen ist an den kauf
männischen Lehranstalten eine ähnliche Stellung einzuräumen, wie sie
der Unterricht in den alten Sprachen an den Gymnasien innehat.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die modernen Sprachen bei
genügender Stundenzahl und richtigem Vorgang fast dieselben Bildungs
resultate ergeben müssen, wie die classischen Sprachen. Dieser Auf
gabe des Sprachunterrichtes an Handelsschulen sollte noch viel größere
Aufmerksamkeit zugewendet werden.
Wichtig ist selbstverständlich, dass die Schüler in den Fremd
sprachen die moderne Sprache, wie sie jetzt gesprochen wird, kennen
lernen. Wenn die übrigen Lehrkräfte die besondere Eignung hiefür
besitzen, ist es nur wünschenswert, dass dieselben nach Möglichkeit
den Unterricht in den fremden Sprachen unterstützen, indem sie die
selbe in ihren Unterrichtsstunden, aber nur bei Wiederholungen
des Stoffes, Übungsvorträgen, schriftlichen Arbeiten etc. zur
Anwendung bringen, nicht in ihrem Vortrage, da dies für die sprachlich
weniger geschulten Hörer eine ungerechte Erschwerung des Unterrichtes
bedeutet. In Classen, die in sprachlicher Hinsicht homogen zusammen
gesetzt und sehr gut vorgebildet sind, ist nichts dagegen einzuwenden,
wenn der Lehrer diesen Versuch von Zeit zu Zeit unternimmt und
sich stets dabei überzeugt, dass alle Zuhörer folgen können; dies be
deutet aber einen großen Kraft- und Zeitaufwand, der nicht überall
möglich ist.
Wenn wir nun den Unterricht in den Fremdsprachen an Handels
lehranstalten bezüglich des nothwendigen Zeitausmaßes betrachten, so
müssen wir eine wöchentliche Stundenzahl von vier bis fünf Stunden als
Minimum hiefür zugrunde, legen. Wir können den Gesammtunterricht
in vier Theile zerlegen, die ich stets auch vor Anregung der vier-
classigen Schulen unterschieden habe, und die auch bei jedem voll
ständigen Unterrichte vorhanden sein sollen, also auch z. B. in den
zweiclassigen Handelsschulen. Die sogenannte Vorbereitungsclasse bleibt
dabei ganz außer Betracht.
Auf der untersten Stufe sollte die Grammatik in Verbindung
mit Lectüre, anschließender kurzer Conversation und Über
setzungen aus der Fremdsprache in die Muttersprache möglichst
ohne jede Berücksichtigung der handelsfachlichen Richtung zur Grund
lage des Unterrichtes gemacht werden.
Die gründliche Kenntnis der Grammatik muss als unbe
dingtes Erfordernis bezeichnet werden, wenn der Lernende die Sprache
nicht dilettantenhaft treiben will, Die Grammatik ist das Skelet einer
Sprache, und der Schüler muss ihre Hauptschwierigkeiten bereits hinter
sich haben, bevor er an einen halbwegs freien Gebrauch der Sprache
denken kann. Der grammatische Unterricht muss also -— und zwar
gerade auf den unteren Stufen -— gründlich betrieben werden, denn