Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (2)

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später überwindet man die großen Schwierigkeiten und insbesondere 
den ungeheuren Lernstoff viel schwerer. Unter dem gründlichen Unter 
richte soll aber keineswegs ein möglichst langweiliger, mechanischer 
Vorgang verstanden werden, es sollen nicht Regeln zu Dutzenden auf 
gezählt und auswendig hergeleiert werden, sondern der Vortrag muss 
lebendig, durch möglichst viele, freie Beispiele, die seitens des 
Lehrers gewählt und gegeben werden, unterstützt sein, woran sich stets 
wechselnde Übungen anzuschließen haben, und dadurch sollen 
sich die Regeln der Grammatik dem Schüler einprägen. Welche 
Gedanken müssen sich einem modernen Pädagogen bei einer Prüfung 
aufdrängen, bei welcher die Frage: «Wie wird der Buchstabe a im 
Englischen ausgesprochen?» durch Ableiern der im Buche enthaltenen 
Sätze — ja Wörter beantwortet und das Urtheil selbst in höheren 
Classen daraufhin allein mit «sehr gut» abgegeben wird. Der junge 
Mensch thut mir ebenso leid wie der betreffende Lehrer. Man kann 
die ganze Grammatik auswendig gelernt haben, ohne auch nur 
einen Satz correct bilden zu können, wenn der Lehrer nicht stets das 
Hauptgewicht auf die Anwendung der Regeln legt. 
Auf der ersten Stufe müssen alle wichtigen Partien der Formen 
lehre erledigt werden; auch einige unregelmäßige Verben sollen noch 
eingeübt werden. Gerade auf dieser Stufe kann eine wohlgewählte 
Lectüre und Dictate mit angefügten Flrläuterungen den grammatischen 
Unterricht wirksam unterstützen. An der höheren Handelsschule in 
Pilsen wurde daher auch bereits im II. Semester des 1. Jahrganges die 
Lectüre an der Hand eines besonders geeigneten Lehrbuches (siehe 
Jahresbericht 1897/98) betrieben, was auch an manchen anderen Lehr 
anstalten erfolgt, während in den meisten Schulen eine ausgedehnt 
betriebene Lectüre im ersten Jahre vermieden wird. Durch die Lectüre 
kann aber den Schülern auch die für eine stetige Aufmerksamkeit und 
Mitbethätigung so wünschenswerte Abwechslung geboten werden, 
Eine besondere Schwierigkeit bietet diese Stufe an den 
Handelsakademien dadurch, dass in die erste Classe Schüler, welche 
vier Classen des Gymnasiums, des Realgymnasiums oder einer Real 
schule oder drei Classen einer Bürgerschule absolviert haben, die 
letzteren allerdings nur nach Ablegung einer Aufnahmsprüfung, aufge 
nommen werden. Der Lehrer hat also ein sehr heterogenes Schüler 
material auf dem gleichen Wege zum selben Ziele zu führen, was 
nur dadurch möglich wird, dass auf der ersten Stufe alle Verschieden 
heiten und Lücken ausgeglichen werden. Dies kann nur durch einen möglichst 
individualisierenden Unterricht, eventuell Specialcurse für Gymnasiasten 
(Wien, Aussig, Pilsen etc.) und Bürgerschüler, durch Theilung der 
Classe in zwei oder drei Abtheilungen im I. Semester und ähnliche Mittel 
ermöglicht werden. 
"Als Grundsatz hat zu gelten, dass lieberein geringeres Lehrziel 
von allen gleichmäßig erreicht werden soll, als ein höheres von einem 
Theile. Die unterste Stufe muss in erster Linie das Schülermaterial auf ein 
gleiches Niveau bringen. Dabei kann jeder Lehrer die eigenthümliche,
	        
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