Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (2)

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der Disposition des Briefes oder Schriftstückes, wobei sich oft wichtige 
Erörterungen, Beispiele und Weisungen anknüpfen lassen. 
Hierauf erfolgt die freie Stilisierung des Briefes — bei 
größerem Umfange und weniger vorgeschrittenen Schülern punktweise, 
der Disposition entsprechend —- möglichst durch die Lernenden, wobei 
sich wieder dem Lehrer reichlich Gelegenheit bietet, aut schlechte 
Form, unschöne, mangelhafte oder falsche Stilisierung, Undeutlichkeit 
und nicht genügende Genauigkeit, grobe, hölzerne, unfertige oder ele 
gante Ausdrucksweise hinzuweisen, wodurch die Schüler vor Fehlern, 
die ihnen später bei der Ausarbeitung des Briefes vielleicht unterlaufen 
wären, bewahrt werden können und ihre Kritik und Urtheilsfähigkeit 
bedeutend geschärft wird. Bei lebendigem, interessant gestaltetem Vor 
gang wird auch die Aufmerksamkeit der Schüler dadurch viel reger 
erhalten werden können und die Disciplin infolgedessen erleichtert 
sein. Wenn nun nach der Meinung des Vortragenden ein tadelloser 
Brief zustande gebracht wurde, wird er denselben entweder bei schwieri 
gen Fällen selbst wiederholen oder sonst durch einen besseren Schülei 
wiederholen lassen und dabei die einzelnen Theile des Schriftstückes 
auf ihre Eignung hin nochmals untersuchen. 
Sodann hat besonders bei längeren oder schwierigeren Briefen 
eine Wiederholung derselben durch schwächere, eventuell die schwäch 
sten Schüler zu erfolgen. 
Nun erst erfolgt die Niederschrift des Correspondenz- 
Stückes, wobei besonders zu trachten ist, dass jeder Schüler 
selbständig — ohne Dictat — höchstens mit geringer Nachhilfe 
seitens des ' Lehrers den Brief anfertigt. Im Anfänge ergeben sich 
dabei nicht selten, insbesondere für weniger erfahrene Lehrer, die nicht 
gewohnt sind, jede Kleinigkeit zu besprechen, sehr große Schwierig 
keiten, aber in wenigen Wochen wird der Lnterrichtende einen be 
deutenden Fortschritt constatieren können. Während derjenige, welcher, 
stets dem Dictat folgend, seine Arbeiten ausgeführt hat, beim ersten 
selbständigen Schritt in dieser Hinsicht, den die Praxis von ihm ver 
langt, in den meisten Fällen unschlüssig dastehen wird, ist der gut 
vorgebildete Schüler mühelos im Stande, den Anforderungen im 
Geschäftsleben zu entsprechen. 
Dem Praktiker erscheint der geschilderte Vorgang gewiss sehr 
umständlich; es ist aber zu bedenken, dass der Schüler vorerst logisch 
denken und alles beachten lernen muss; diese intensive Denkarbeit 
bedarf einer gründlichen methodischen Schulung, da die jungen Leute 
erst daran gewöhnt werden müssen, den Details besondere Auf 
merksamkeit zu schenken; in der ersten Zeit muss dies sehr langsam 
erfolgen, damit allen Schülern der Aufbau klar wird. Nur so können 
denkende Correspondenten herangebildet werden; selbstredend sollen 
diese Besprechungen immer kürzer werden und endlich weg 
bleiben. Der Schüler muss auf der höchsten Stufe im Stande sein, diese 
wichtigen, im Anfang langwierigen Überlegungen während des Schreibens 
der Adresse und des Datums vor dem Beginn des Briefes vorzunehmen.
	        
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