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der Disposition des Briefes oder Schriftstückes, wobei sich oft wichtige
Erörterungen, Beispiele und Weisungen anknüpfen lassen.
Hierauf erfolgt die freie Stilisierung des Briefes — bei
größerem Umfange und weniger vorgeschrittenen Schülern punktweise,
der Disposition entsprechend —- möglichst durch die Lernenden, wobei
sich wieder dem Lehrer reichlich Gelegenheit bietet, aut schlechte
Form, unschöne, mangelhafte oder falsche Stilisierung, Undeutlichkeit
und nicht genügende Genauigkeit, grobe, hölzerne, unfertige oder ele
gante Ausdrucksweise hinzuweisen, wodurch die Schüler vor Fehlern,
die ihnen später bei der Ausarbeitung des Briefes vielleicht unterlaufen
wären, bewahrt werden können und ihre Kritik und Urtheilsfähigkeit
bedeutend geschärft wird. Bei lebendigem, interessant gestaltetem Vor
gang wird auch die Aufmerksamkeit der Schüler dadurch viel reger
erhalten werden können und die Disciplin infolgedessen erleichtert
sein. Wenn nun nach der Meinung des Vortragenden ein tadelloser
Brief zustande gebracht wurde, wird er denselben entweder bei schwieri
gen Fällen selbst wiederholen oder sonst durch einen besseren Schülei
wiederholen lassen und dabei die einzelnen Theile des Schriftstückes
auf ihre Eignung hin nochmals untersuchen.
Sodann hat besonders bei längeren oder schwierigeren Briefen
eine Wiederholung derselben durch schwächere, eventuell die schwäch
sten Schüler zu erfolgen.
Nun erst erfolgt die Niederschrift des Correspondenz-
Stückes, wobei besonders zu trachten ist, dass jeder Schüler
selbständig — ohne Dictat — höchstens mit geringer Nachhilfe
seitens des ' Lehrers den Brief anfertigt. Im Anfänge ergeben sich
dabei nicht selten, insbesondere für weniger erfahrene Lehrer, die nicht
gewohnt sind, jede Kleinigkeit zu besprechen, sehr große Schwierig
keiten, aber in wenigen Wochen wird der Lnterrichtende einen be
deutenden Fortschritt constatieren können. Während derjenige, welcher,
stets dem Dictat folgend, seine Arbeiten ausgeführt hat, beim ersten
selbständigen Schritt in dieser Hinsicht, den die Praxis von ihm ver
langt, in den meisten Fällen unschlüssig dastehen wird, ist der gut
vorgebildete Schüler mühelos im Stande, den Anforderungen im
Geschäftsleben zu entsprechen.
Dem Praktiker erscheint der geschilderte Vorgang gewiss sehr
umständlich; es ist aber zu bedenken, dass der Schüler vorerst logisch
denken und alles beachten lernen muss; diese intensive Denkarbeit
bedarf einer gründlichen methodischen Schulung, da die jungen Leute
erst daran gewöhnt werden müssen, den Details besondere Auf
merksamkeit zu schenken; in der ersten Zeit muss dies sehr langsam
erfolgen, damit allen Schülern der Aufbau klar wird. Nur so können
denkende Correspondenten herangebildet werden; selbstredend sollen
diese Besprechungen immer kürzer werden und endlich weg
bleiben. Der Schüler muss auf der höchsten Stufe im Stande sein, diese
wichtigen, im Anfang langwierigen Überlegungen während des Schreibens
der Adresse und des Datums vor dem Beginn des Briefes vorzunehmen.