Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (2)

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vollei Sicherheit der Praxis seine Beispiele entnehmen können und kann 
nur dann geltende und wertvolle Grundsätze aufstellen, wenn er 
möglichst viele praktische Fälle kennen gelernt hat; denn was für 
den Mediciner der menschliche Körper ist, ist für den Handelsschul 
professor die kaufmännische Praxis und das Wirtschaftsleben. Wenn 
man nun die Veränderungen in der letzten Zeit auf dem Gebiete 
des Handels und Verkehres verfolgt, so wird man begreifen, dass es 
einer stetigen, aufmerksamen Beobachtung und Forschung bedarf, um 
die Ursachen und Folgen all dieser Erscheinungen festzustellen und 
für das menschliche Wissen und Wirken auszunützen. Dieses Studium 
beansprucht die ganze Kraft und Zeit eines Mannes. 
Der F achprofessor der fremden Sprachen muss unbedingt 
mit der Zeit zum lachmann des betreffenden Handelsgebietes 
1111 voUen Sinne des Wortes werden. Er muss die Verhältnisse der 
betreffenden Länder nicht nur genau und eingehend kennen, sondern sich 
durch wiederholten Besuch derselben, mindestens in je 5—10 Tahren 
einmal, auch fortwährend im laufenden halten. Er muss alle Veränderungen, 
welche in diesen Verhältnissen eintreten, sofort untersuchen und in 
ihren wahrscheinlichen Wirkungen feststellen. Welch ungeheure Dienste 
ein solcher Fachmann der Praxis leisten kann, braucht gar nicht hervor 
gehoben zu werden. Dass dies nicht an jeder Handelsschule von jedem 
Lehrer der modernen Sprachen geschehen kann, ist wohl selbstver 
ständlich, und nur die Handelshochschule kann und muss da durch 
weitestgehende Förderung der weiteren Ausbildung ihrer Professoren zu 
Specialisten und Veranstaltung von regelmäßig wiederkehrenden Fort- 
bildungscursen befruchtend auf sämmtliche kaufmännische Lehranstalten 
eines Landes oder Reiches einwirken und dadurch auch das Unter 
richtsniveau auf moderner Basis erhalten. 
In dieser Hinsicht ist die Centralisation von unendlich großem 
Wert, denn nur wenn ein Mann sich stets mit demselben Gebiete 
beschäftigt, kann der Erfolg mit der Zeit ein vollständiger werden, 
während in dem Falle, wenn der Untersuchende wechselt, jeder immer 
wieder von vorne beginnen muss und nie zum Endziel gelangen kann. 
Auch die Anknüpfung und ständige Pflege von persönlichen Beziehungen 
muss sehr hoch geschätzt werden. Wenn natürlich die Hochschule im Stande 
ist, mehrere gleichartige Fachleute durch fortwährende Aussendung 
am laufenden zu erhalten, ist dies umso besser. 
Während der Vorgang in der allgemeinen Abtheilung (oder dem 
Vorbereitungscurs) im großen ganzen, was die Reihenfolge anbelangt, 
den bereits beschriebenen Gang einhält, ist dies auf der höheren Stufe 
und speciell in der Export-Akademie nicht der Fall, denn bei den 
Hörern werden da gewisse Kenntnisse und einige Übung in den kauf 
männischen Fächern vorausgesetzt, so dass man nicht mehr die 
methodischen Momente am meisten zu berücksichtigen hat. 
Im Studienplan der Export-Akademie selbst findet sich daher der Gegen 
stand, «Korrespondenz» nicht, sondern unter dem Titel «Mustercomptoir» 
ist die gesammte «Handelsdurchführung», die Technik, der Betrieb des
	        
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