Es hieße Eulen nach Athen und Stahlwasser nach Liebenstein
tragen, wollte man über die Nützlichkeit, Nothwendigkeit, ja Unent
behrlichkeit der deutschen Redezeichenkunst noch ein Wort verlieren.
Abgesehen von Parlament und Landtagssaal, wo sie die Probe
ihrer höchsten Leistungsfähigkeit abzulegen hat, wird sie wohl in den
Schreibstuben der Handelswelt am meisten verwendet. Aber gerade
hier, wo nicht selten in verschiedenen Sprachen correspondiert werden
muss, macht sich ein Übelstand fühlbar: es ist dies die Unmöglichkeit,
mit der deutschen Stenographie auch Fremdsprachliches nachzuschreiben!
Um dies thun zu können, muss man sich mit den Übertragungen
des Gabelsberger’schen Lehrgebäudes auf die jeweilen in Betracht
kommende Sprache vertraut machen, was bei der staunenswerten An
passungsfähigkeit der deutschen Redezeichenkunst an fremde Zungen*)
in kürzester Zeit und ohne Schwierigkeit geschehen kann, wie" wir
weiter unten des näheren sehen werden.
Es muss daher wundernehmen, dass die ausgezeichneten Über
tragungen der Gabelsberger’schen Kurzschrift auf die wichtigsten Welt
sprachen — das Englische und Französische — bisher weder in Öster
reich noch in Deutschland jene Verbreitung gefunden haben, auf die
sie bei ihrem hervorragend praktischen Werte" Anspruch hätten. Denn
es wird die Zeit kommen, und sie ist gewiss nicht mehr ferne, da man
von dem die englische oder französische oder beide Sprachen beherr
schenden Eleven des Handelsstandes auch verlangen wird, dass er in
diesen Sprachen ebenso zu stenographieren verstehe, wie dies von
der deutschen Sprache bei ihm vorausgesetzt wird; ganz abgesehen
davon, dass er vielleicht gleich zu Beginn seiner Praxis sich in einem
Lande wird bethätigen müssen, wo nur die englische oder nur die
französische Zunge klingt und ihm daher die deutsche Redezeichen
kunst zu nichts frommt.
b Die Gabelsberger’sche Stenographie ist bisher auf folgende 20 Sprachen
übertragen worden: Auf das Dänische von Dessau (1853), das Schwedische vor
Swan (1871), das Norwegische von Dessau (1853), das Finnische von Neovius (1876)
das Holländische von Schwab (1891), das Englische von Geiger (1876) und Richter
(1886), das Italienische von Noe (1863), das Französische von Krieg (1880)
von Rausser (1886), das Spanische von Krieg (1890), das Böhmische von einer
Commrssxon des Prager Stenographen-VefSiijes (1863), das Ungarische von Markwitz
(1864), das Kroatische von Magdic (1864), das Ruthenische von Polinski (1861)
das Bulgarische von Besenfek (1880), das Serbische von Milanovic (1873), das
Polnische von Polinski (1861), das Griechische von Mindler (1843), das Slovenische
von Besenzek, das Armenische von Tiroyan (1890) und das Lateinische von
Pias eil er (1868).
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