18
Lehrherrn, den beschränkten Räumlichkeiten oder den wenigen,
zu diesem Zwecke passenden Stunden etc. Es wird eine lange Reihe
von Jahren dauern, bis dieser Theil der Reform allgemein zum Durch
bruche gelangt ist. Sehr zu wünschen wäre es, wenn einzelne auf be
deutenderen Plätzen bestehende kaufmännische Fortbildungsschulen sich
noch weiter ausgestalten würden und infolge der Vermehrung der
Stundenzahl um zwei bis vier Stunden wöchentlich als unobligate
Fächer oder Curse auch die Stenographie, die wichtigsten Bestim
mungen über Fracht-, Zoll-, Steuer- und Versicherungswesen, ferner
den Unterricht in der zweiten Landessprache etc. in ihren Lehrplan auf
nehmen könnten. In die Curse wären in erster Linie die Absolventen
von Fortbildungsschulen zuzulassen.
Wir müssen die kaufmännischen Fortbildungsschulen als die wich
tigste Institution auf dem Gebiete des cornmerciellen Unterrichtes be
trachten, weil durch diese Anstalten die große Menge der Kaufleute
Ihre ganze theoretische Vorbildung erhält.
Für die Organisation und den Lehrplan der kauf
männischen Fortbildungsschulen wären folgende Grundsätze aufzu
stellen :
1. Der Unterricht hat in einer Vorbereitungsclasse und zwei
Handelsfachclassen mit mindestens je achtStunden wöchentlich
zu erfolgen; in der ersteren sollen die minder vorgebildeten Schüler
Aufnahme finden und in der deutschen Sprache, Rechnen, Geographie,
Schönschreiben, bei über acht Stunden eventuell in Naturgeschichte
in zweckentsprechendem Ausmaße gründlich unterrichtet werden. Solche
Schüler, welche die Bürgerschule absolviert haben, können — eventuell
nach Ablegung einer Aufnahmsprüfung — direct in die erste Handels-
fachclasse aufgenommen werden.
2. Der Unterricht in den beiden Fachclassen hat stets das
praktische Bedürfnis im Auge zu behalten, weshalb z. B. der ein
fachen Buchhaltung, dem Kopfrechnen, einfachen Rechnungs
operationen etc. unbedingt größere Aufmerksamkeit zu schenken ist
und die localen Verhältnisse zu berücksichtigen sind.
3. Im Lehrplane sollen auf keinen Fall Gegenstände mit
weniger als einer Stunde wöchentlicher Unterrichtszeit aufge
nommen werden; so erscheinen z. B. der erste Lehrplan der Gremial-
handelsschule in Wien vom Jahre 1849 und die Versuche, je in einer
halben Stunde wöchentlich Stenographie oder eine fremde Sprache zu
lehren, einem mit den Verhältnissen in diesen Schulen vertrauten Fach
manne als vollständig unzweckmäßig, da der Unterrichtserfolg in diesen
Fächern durch den sich von selbst ergebenden Zeitverlust, den Mangel
häuslichen Fleißes, die Ermüdung der Jungen etc. auf ein ganz unzu
reichendes Niveau herabgedrückt werden muss. -
4. Der Unterricht soll am vortheilhaftesten am Morgen von
7—9 Uhr oder Nachmittag, allerdings schon ungünstiger, von 1 bis
3 Uhr stattfmden; er sollte nicht von 6—8 Uhr abends abgehalten werden;
ein obligater Unterricht nach 8 Uhr oder am Sonntag-Nachmittag wäre