Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (2)

„Dass dem so ist, das tritt in demselben Maße stärker in die 
Erscheinung, in dem das alte Europa für sich zu klein geworden 
ist und — im Ringen mit Amerika und der gelben Race — 
hinaus muss über die See, um den Überschuss seiner Erzeugnisse 
zu placieren. 
„Der verhältnismäßig kleine Antheil, welcher uns bei der Ver 
sorgung jener ausländischen Absatzgebiete zufällt, die nicht gerade 
zu unseren Nachbarn zählen, beweist, dass wir auf consum- 
kräftigen Märkten noch immer unbekannt sind, während unsere 
Concurrenteri dieselben schon seit langem bedienen. 
„Diese Begrenzung des Horizontes schädigt schon die commer- 
zielle Thätigkeit im Inlande, sie behindert aber vor allem die 
Entfaltung intensiver Arbeit im Auslande. Der österreichische 
Kaufmann, der österreichische Handelsreisende, welcher auf fremden 
Märkten den Vertrieb vaterländischer Producte fördern will und 
directe Handelsbeziehungen herzustellen trachtet, ist heute selten 
zu finden, und existiert ein solcher, so ist es eine ständige 
Rubrik in seinen Klagen, bei seinen Connationalen nicht das 
richtige Verständnis für die Pflege solcher Geschäfte gefunden 
zu haben. 
„Unter diesen Umständen kommt, mehr als anderswo, bei uns 
das Bedürfnis zum Ausdrucke, weitere Kreise der Geschäftswelt 
planmäßig für den Export zu erziehen und dem Mangel initiativer 
kaufmännischer Organisation durch eine Ausgestaltung unseres 
commerziellen Bildungswesens in der speciellen Richtung zu be 
gegnen, wo die Lücke praktisch empfunden wird, weil sie auf 
unser ganzes Mitthun in den Erscheinungen des Weltverkehres 
zurückwirkt. Trotz aller Fortschritte in den letzten Jahren 
produciert dieses Bildungswesen selbst in der obersten Unter- 
richtsst.ufe der höheren Handelsschule heute im großen und 
ganzen nur kaufmännische Beamte, wogegen der mit freiem und 
weitem Blicke auszustattende Unternehmer, welcher zur selb 
ständigen und verständnisvollen Leitung eines Weltgeschäftes be 
fähigt sein soll, der Fort- und Ausbildung außerhalb einer Schule 
überlassen ist, die — nach Lage der Verhältnisse — im Dienste 
österreichischer Interessen gemeiniglich nicht eintritt. 
„Die Nothwendigkeit, das Bildungsniveau des Kaufmannsstandes 
in Absicht auf Ziele solcher Art zu erhöhen, ist von den be 
deutendsten Handelsnationen, wo die Bildungsgelegenheit, anders 
als bei uns, nicht erst die Anregung wirtschaftlichen Charakters 
zu sein braucht, erkannt worden. Frankreich, England und die 
Vereinigten Staaten von Amerika besitzen bereits hochschulartig 
eingerichtete Fachlehranstalten, und im Deutschen Reiche schritt 
man im abgelaufenen Jahre daran, solche Institutionen an den 
wichtigsten Handelsplätzen zu schaffen. 
„Bei uns wurde die Idee einer intensiveren fachlichen Ausbildung 
des commerziellen Nachwuchses von verschiedenen wirtschaft 
lichen Corporationen und in den Kreisen der Geschäftswelt
	        
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