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Fachschulen gleichzustellen sind und — wenigstens m der
heute typischen Gestalt der zweiclassigen Handelsschulen — m den
meisten kaufmännischen Fächern fast die gleichen Kenntnisse für die
Praxis wie die höheren Handelsschulen vermitteln, aber sie sind reine
Fachschulen und gewähren daher principiell keine allgemeine Bildung.
In Österreich fallen unter diese Kategorie vor allem die bereits
genannten zweiclassigen Handelsschulen, die den wirklich vor
handenen Bedürfnissen des mittleren Handelsstandes am besten ent
sprechen, ferner die zahlreichen Privathandelsschulen.
Die zweiclassigen Handelsschulen bestehen gewöhnlich, wie der
Name bereits sagt, aus zwei Jahrgängen und einer Vorbereitungsclasse;
damit steht meist eine kaufmännische Fortbildungsschule in Verbindung,
und statutengemäß sollen auch Specialcurse «nach Bedarf und localen Ver
hältnissen über solche Fachgebiete abgehalten werden, welche innerhalb
des Rahmens des regelmäßigen Unterrichtes an den anderen Abtheilungen
nicht in ausreichenderWeise zur Behandlung gelangen können, z. 1>. Sprach-
curse für Handelsangestellte, Curse über Zollwesen, einzelne Warenbranchen
etc., und eventuell für solche Mittelschüler, welche sich gewisse commercielle
Kenntnisse aneignen wollen». Die Specialcurse bestehen aber nur an
sehr wenigen Anstalten, ein solcher für Mittelschüler nur in Bozen.,
Diese zweiclassigen Schulen weisen in ihrer Durchführung eine
Eigenthümlichkeit gegenüber dem Organisationsplan auf. Auf Grund
dieses letzteren basieren sie nämlich (§ 9) auf der Erfüllung der all
gemeinen Schulpflicht, beziehungsweise dem Besuch der Volksschule.. In
einer großen Reihe von Anstalten, besonders in den nördlichen Theilen
des Reiches melden sich jedoch meistens absolvierte Bürgerschüler und
Schüler, welche 3—4 Classen der Realschule oder des Gymnasiums
besuchten, an. Statt der besten Elemente der Volksschulen drängen sich
in größeren Städten diejenigen Mittelschüler ganz besonders zu den
zweiclassigen Handelsschulen, welche in der Mittelschule Schiffbruch
gelitten haben und noch «irgend etwas» lernen sollen. Das Schüler
material ist bei manchen Anstalten viel ungleichmäßiger als in irgend
einer anderen Schulkategorie; neben dem Gymnasiasten mit fünf Classen
sitzt der Absolvent einer zweiclassigen Volksschule. Es bedarf keiner
besonderen fachmännischen Erfahrung, um die Schwierigkeiten des Unter
richtes an solchen Anstalten zu begreifen. Die zweiclassigen Handelsschulen
sind aber auch nicht für große, sondern für kleinere Städte bestimmt, wo
sich diese Gegensätze nicht ergeben würden. Thatsächlich ist der Lehr
vorgang heute meist auf der Absolvierung der Bürgerschule aufgebaut.
Diese Verhältnisse mussten sich ergeben, da der Lehrplan der
zweiclassigen Handelsschulen für den mittleren und kleinen Handels
stand eine zu hohe und zu lange theoretische Ausbildung ergibt;
man denke nur an den so viele Unterrichtsstunden absorbierenden
Unterricht in den ausländischen Fremdsprachen und der doppelten
Buchhaltung und deren Verwendbarkeit in kleinen und mittleren
Handelsgeschäften. Deshalb werden diese Schulen meist von jungen
Leuten besucht, die später in größeren Geschäften Unterkommen