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Warenhandel vor. Unsere Bevölkerung ist noch nicht so weit vor
geschritten in der Erkenntnis der Wichtigkeit, der Stellung und der
Anforderungen des Warenhandels; die zweiclassigen Handelsschulen
gehen ihrer Glanzperiode erst entgegen, sie werden heute noch nicht
richtig gewürdigt. Als Übergang behufs leichterer Gewöhnung der
in solchen Angelegenheiten sehr conservativen Bevölkerung an höhere
Unterrichtseinrichtungen erscheint der einjährige Curs sehr geeignet.
Andererseits müssen gerade die Handelsschulen in den verschie
densten Kategorien vorhanden sein, um allen Stufen des im praktischen
Leben vorhandenen Bedürfnisses richtig entsprechen zu können.
Ferner erscheint eine einjährige gründliche Schulung zur Vor
bereitung für den Eintritt in ein Geschäft weitaus besser als die beste
Fortbildungsschule während der geschäftlichen Thätigkeit, deren Re
sultate stets nur sehr gering sein können. Ein Jahr genügt auch für
den Unterricht in den wichtigsten Fächern.
Endlich erscheint eine wirtschaftlich-commercielle Bildung
heute für jedweden Beruf höchst vortheilhaft und könnte großen all
gemeinen Nutzen gewähren.
Die Kosten der angefügten Abtheilung wären in erster Reihe von
localen Factoren zu tragen, was auf keine großen Hindernisse stoßen
würde, wenn die Verbindung mit der bestehenden Schule von den Vor
gesetzten Behörden gestattet wird; die bedeutendsten Auslagen würden
durch die Anstellung eines Handelsfachlehrers und eventuell eines zweiten
Lehrers entstehen, die beide auch für die entsprechenden Gegenstände
an der Bürgerschule gute Verwendung finden könnten.
Für die Organisation würde sich eine möglichst einfache Fassung
empfehlen, um zahlreichen localen Factoren die Durchführung dieser Curse
zu erleichtern. In Deutschland wird eine ähnliche Ausgestaltung der höheren
Schulen durch Fachcurse ins Auge gefasst. Die pädagogische Leitung
wäre dem betreffenden Schuldirector, die fachliche und administrative
Leitung einem Beirathe oder Comitö von circa vier Kaufleuten, von
den erhaltenden Factoren gewählt, zu übertragen. Für die Ertheilung
des Unterrichtes wären von der Schule ein T,ehrzimmer, die Sammlungen,
Bedienung, Beheizung und Beleuchtung beizustellen. Das zu erstrebende
Lehrziel ist durch die localen Anforderungen der kaufmännischen Praxis
sehr verschieden gegeben.
Für den Besuch dieser Fachcurse dürfte höchstens ein Schulgeld
von K 10 bis 20 pro Semester eingehoben werden, mittellose Schüler
wären hievon zu befreien. Der I,ehrplan müsste sich innig den localen
Verhältnissen anpassen, indem an einem Orte vielleicht statt der Fremd
sprache Zeichnen oder die Unterweisung in einem speciellen Industrie
zweige (z. B. Spielwaren, Posamenterie, Glas- und Porzellanfabrication
etc.) in praktischer Weise zu erfolgen hätte. Auch zur Weiterbildung
der Mädchen wären derartige einjährige Curse sehr geeignet, für welche
der Unterricht auf die Nachmittage von 2—-5 Uhr unter Verminderung
des Lehrstoffes und der Stundenzahl zu beschränken wäre.