Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (2)

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Warenhandel vor. Unsere Bevölkerung ist noch nicht so weit vor 
geschritten in der Erkenntnis der Wichtigkeit, der Stellung und der 
Anforderungen des Warenhandels; die zweiclassigen Handelsschulen 
gehen ihrer Glanzperiode erst entgegen, sie werden heute noch nicht 
richtig gewürdigt. Als Übergang behufs leichterer Gewöhnung der 
in solchen Angelegenheiten sehr conservativen Bevölkerung an höhere 
Unterrichtseinrichtungen erscheint der einjährige Curs sehr geeignet. 
Andererseits müssen gerade die Handelsschulen in den verschie 
densten Kategorien vorhanden sein, um allen Stufen des im praktischen 
Leben vorhandenen Bedürfnisses richtig entsprechen zu können. 
Ferner erscheint eine einjährige gründliche Schulung zur Vor 
bereitung für den Eintritt in ein Geschäft weitaus besser als die beste 
Fortbildungsschule während der geschäftlichen Thätigkeit, deren Re 
sultate stets nur sehr gering sein können. Ein Jahr genügt auch für 
den Unterricht in den wichtigsten Fächern. 
Endlich erscheint eine wirtschaftlich-commercielle Bildung 
heute für jedweden Beruf höchst vortheilhaft und könnte großen all 
gemeinen Nutzen gewähren. 
Die Kosten der angefügten Abtheilung wären in erster Reihe von 
localen Factoren zu tragen, was auf keine großen Hindernisse stoßen 
würde, wenn die Verbindung mit der bestehenden Schule von den Vor 
gesetzten Behörden gestattet wird; die bedeutendsten Auslagen würden 
durch die Anstellung eines Handelsfachlehrers und eventuell eines zweiten 
Lehrers entstehen, die beide auch für die entsprechenden Gegenstände 
an der Bürgerschule gute Verwendung finden könnten. 
Für die Organisation würde sich eine möglichst einfache Fassung 
empfehlen, um zahlreichen localen Factoren die Durchführung dieser Curse 
zu erleichtern. In Deutschland wird eine ähnliche Ausgestaltung der höheren 
Schulen durch Fachcurse ins Auge gefasst. Die pädagogische Leitung 
wäre dem betreffenden Schuldirector, die fachliche und administrative 
Leitung einem Beirathe oder Comitö von circa vier Kaufleuten, von 
den erhaltenden Factoren gewählt, zu übertragen. Für die Ertheilung 
des Unterrichtes wären von der Schule ein T,ehrzimmer, die Sammlungen, 
Bedienung, Beheizung und Beleuchtung beizustellen. Das zu erstrebende 
Lehrziel ist durch die localen Anforderungen der kaufmännischen Praxis 
sehr verschieden gegeben. 
Für den Besuch dieser Fachcurse dürfte höchstens ein Schulgeld 
von K 10 bis 20 pro Semester eingehoben werden, mittellose Schüler 
wären hievon zu befreien. Der I,ehrplan müsste sich innig den localen 
Verhältnissen anpassen, indem an einem Orte vielleicht statt der Fremd 
sprache Zeichnen oder die Unterweisung in einem speciellen Industrie 
zweige (z. B. Spielwaren, Posamenterie, Glas- und Porzellanfabrication 
etc.) in praktischer Weise zu erfolgen hätte. Auch zur Weiterbildung 
der Mädchen wären derartige einjährige Curse sehr geeignet, für welche 
der Unterricht auf die Nachmittage von 2—-5 Uhr unter Verminderung 
des Lehrstoffes und der Stundenzahl zu beschränken wäre.
	        
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