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schulen direct an der Reform der Realschulen und Gewerbeschulen
interessiert, worauf ich an anderer Stelle zurückkommen werde.
Die Reform wurde durch die folgenden ungünstig auf den
Gesammtlehrerfolg einwirkenden Verhältnisse, unter welchen die
bisherigen dreiclassigen Handelsschulen zu leiden haben, veranlasst:
1. Die Aufnahmsbedingungen für diese Schulen sind sehr
verschieden. In manchen Schulen werden Bürgerschüler überhaupt nicht
in die erste Classe aufgenommen, in anderen nur mit einer Aufnahms
prüfung, deren Gegenstände und Umfang nicht ganz übereinstimmend
fixiert sind, wieder in anderen können Bürgerschüler ohne jede Prüfung
in den ersten Jahrgang eintreten. Dadurch entsteht diesbezüglich eine
gewisse Unsicherheit im Publicum, eine unliebsame Concurrenz unter
den Anstalten und ein ungleiches Wissensniveau der Schüler.*)
2. Aber auch die Schüler ein und derselben Anstalt weisen in
ihrer Vorbildung die größten Verschiedenheiten auf, die sich
besonders in der deutschen und französischen Sprache und im Rechnen,
beziehungsweise in der Mathematik äußern, da sie aus verschiedenen
Vorschulen hervorgegangen sind. Sie können vorher absolviert haben:
a) die Vorbereitungsclasse der betreffenden Lehranstalt oder
b) eine Bürgerschule oder
cj eine Unterrealschule oder
d) ein Untergymnasium.
3. Besondere Verschiedenheiten bestehen auch bezüglich der
Aufnahme von solchen Schülern, die vorher ein Gymnasium besucht
haben. Einige Anstalten verlangen, dass der Eintretende vier Classen
eines Gymnasiums durchaus gut absolviert habe, andere betrachten
ein «Nichtgenügend» in der lateinischen oder griechischen Sprache als
kein Hindernis für die Aufnahme, noch andere haben früher bereits
solchen, die nur zwei bis drei Classen eines Gymnasiums absolvierten,
nach Ablegung einer Aufnahmsprüfung die Aufnahme bewilligt.
4. Die Lehrpläne der höheren Handelsschulen weisen nicht un
bedeutende Verschiedenheiten auf, wodurch der Übertritt von einer
Schule in eine gleichartige Anstalt sehr erschwert wird.
5. Das verschieden hohe Schulgeld (K 100 bis 320) erzeugt
nicht beabsichtigte Differenzen und unliebsame Folgen.
6. Durch die rasche Aufeinanderfolge der Gründungen von
Handelsschulen seit dem Jahre 1890 entstand ein für die betreffenden
Anstalten sehr nachtheiliger Wechsel in den Lehrkräften.
7. Dieser Umstand und die häufig erfolgenden wiederholten Aus
schreibungen derselben Lehrstellen, sowie die Besetzung definitiv
systemisierter Stellen mit ungeprüften Supplenten ist auf den herr-
*) Diese Differenzen wurden, soweit es thunlich ist, bezüglich, der höheren
Handelsschulen durch den Erlass des Ministeriums für Cultus und Unterricht vom
15. April 1900, Z. 10958, beseitigt.