41
sehenden Mangel an ausgebildeten Lehrkräften zurückzuführen, der sich
wieder besonders für die höheren Handelsschulen fühlbar macht.
8. Die Zahl der wöchentlichen obligaten Stunden erscheint als
viel zu hoch, sowohl vom hygienischen als auch vom pädagogischen Stand
punkte aus. Ganz besonders aber macht sich an manchen höheren Handels
schulen die Häufung der nicht obligaten Fächer in den höheren Classen
unangenehm geltend, wodurch der Schüler nicht selten über 40 Wochen-
stunden zu bewältigen hat, das ist aber entschieden zuviel; über das Maß
von durchschnittlich 6 Stunden täglich, d. i. 36 Stunden per Woche, sollte
die Gesammtstundenzahl (obligate und unobligate Fächer) nie hinausgehen.
9. Trotz dieser Stundenüberlastung besteht der bedeutendste Übel
stand darin, dass die zur Verfügung stehende Studienzeit für den durch
zunehmenden Lehrstoff keineswegs ausreicht.
10. An denjenigen Handelsakademien, welche ihren Schülern nicht
wöchentlich über 36 Stunden intensiven Unterrichtes zumuthen, bestehen
zwei noch viel bedeutendere Übelstände, indem die manchen Gegen
ständen zugewiesene Stundenzahl (z. B. für fremde Sprachen drei Stunden
wöchentlich) gar nicht genügt, und indem der Schwerpunkt des Unter
richtes infolge der geringeren Unterrichtszeit auf den häuslichen Fleiß
der Schüler verlegt werden muss. Findet dies an Anstalten statt, die
Classen mit über 40 Schüler haben, so ist die Absolvierung der Schule
nicht selten vom Glückszufall abhängig. In diesem Falle sind die
großen Differenzen in den Leistungen der Absolventen nicht in dem mangel
haften Unterrichte, sondern in den bestehenden Verhältnissen begründet.
11. Fine rein äußerliche, auf historischen Gründen beruhende
Differenz, die aber zu Unannehmlichkeiten führt und nicht nur
dem großen Publicum, sondern auch Schulmännern unverständlich er
scheint und erst nach häufigen Belehrungen voll verstanden wird, liegt
in der Verschiedenheit des Titels der Schulen. Einige höhere Handels
schulen führen den Titel «Handelsakademie», und zwar alle derartigen
Anstalten, die vor dem Jahre 1886 begründet wurden. Diese Anstalten
haben aber weder höhere Aufnahmsbedingungen noch höhere Lehrziele.
Die Unterrichtsverwaltung strebt einer Ausgleichung in der Art zu, dass
den neuen Anstalten unter gewissen Voraussetzungen die Führung des Titels
«Akademie» gestattet werden soll und die bisherigen Akademien diesen
Titel unter Voraussetzung entsprechender Reformen beibehalten dürfen.
12. Endlich erscheint das Schulgeld an den Handelsschulen
gegenüber den gewerblichen Unterrichtsanstalten enorm hoch.
Der Lehrstoff, welcher in den bisher bestehenden drei Classen
der höheren Handelsschulen durchzunehmen ist, erwies sich seit Jahren
als viel zu umfangreich. Da der Umfang des Lehrstoffes durch die
Forderungen der Praxis gegeben ist, konnte nicht an eine Verminderung
desselben, sondern nur an eine Erweiterung der Studienzeit gedacht
werden, die auch — wie bereits erwähnt -— von den betheiligten
Factoren seit längerer Zeit ins Auge gefasst wurde. Leider stand dieser
Reform wieder vor allem die Geldfrage im Wege, und es ist ein Ver-