Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (2)

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sehenden Mangel an ausgebildeten Lehrkräften zurückzuführen, der sich 
wieder besonders für die höheren Handelsschulen fühlbar macht. 
8. Die Zahl der wöchentlichen obligaten Stunden erscheint als 
viel zu hoch, sowohl vom hygienischen als auch vom pädagogischen Stand 
punkte aus. Ganz besonders aber macht sich an manchen höheren Handels 
schulen die Häufung der nicht obligaten Fächer in den höheren Classen 
unangenehm geltend, wodurch der Schüler nicht selten über 40 Wochen- 
stunden zu bewältigen hat, das ist aber entschieden zuviel; über das Maß 
von durchschnittlich 6 Stunden täglich, d. i. 36 Stunden per Woche, sollte 
die Gesammtstundenzahl (obligate und unobligate Fächer) nie hinausgehen. 
9. Trotz dieser Stundenüberlastung besteht der bedeutendste Übel 
stand darin, dass die zur Verfügung stehende Studienzeit für den durch 
zunehmenden Lehrstoff keineswegs ausreicht. 
10. An denjenigen Handelsakademien, welche ihren Schülern nicht 
wöchentlich über 36 Stunden intensiven Unterrichtes zumuthen, bestehen 
zwei noch viel bedeutendere Übelstände, indem die manchen Gegen 
ständen zugewiesene Stundenzahl (z. B. für fremde Sprachen drei Stunden 
wöchentlich) gar nicht genügt, und indem der Schwerpunkt des Unter 
richtes infolge der geringeren Unterrichtszeit auf den häuslichen Fleiß 
der Schüler verlegt werden muss. Findet dies an Anstalten statt, die 
Classen mit über 40 Schüler haben, so ist die Absolvierung der Schule 
nicht selten vom Glückszufall abhängig. In diesem Falle sind die 
großen Differenzen in den Leistungen der Absolventen nicht in dem mangel 
haften Unterrichte, sondern in den bestehenden Verhältnissen begründet. 
11. Fine rein äußerliche, auf historischen Gründen beruhende 
Differenz, die aber zu Unannehmlichkeiten führt und nicht nur 
dem großen Publicum, sondern auch Schulmännern unverständlich er 
scheint und erst nach häufigen Belehrungen voll verstanden wird, liegt 
in der Verschiedenheit des Titels der Schulen. Einige höhere Handels 
schulen führen den Titel «Handelsakademie», und zwar alle derartigen 
Anstalten, die vor dem Jahre 1886 begründet wurden. Diese Anstalten 
haben aber weder höhere Aufnahmsbedingungen noch höhere Lehrziele. 
Die Unterrichtsverwaltung strebt einer Ausgleichung in der Art zu, dass 
den neuen Anstalten unter gewissen Voraussetzungen die Führung des Titels 
«Akademie» gestattet werden soll und die bisherigen Akademien diesen 
Titel unter Voraussetzung entsprechender Reformen beibehalten dürfen. 
12. Endlich erscheint das Schulgeld an den Handelsschulen 
gegenüber den gewerblichen Unterrichtsanstalten enorm hoch. 
Der Lehrstoff, welcher in den bisher bestehenden drei Classen 
der höheren Handelsschulen durchzunehmen ist, erwies sich seit Jahren 
als viel zu umfangreich. Da der Umfang des Lehrstoffes durch die 
Forderungen der Praxis gegeben ist, konnte nicht an eine Verminderung 
desselben, sondern nur an eine Erweiterung der Studienzeit gedacht 
werden, die auch — wie bereits erwähnt -— von den betheiligten 
Factoren seit längerer Zeit ins Auge gefasst wurde. Leider stand dieser 
Reform wieder vor allem die Geldfrage im Wege, und es ist ein Ver-
	        
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