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Gegenstände mit einstündigem Unterricht pro Woche wären auch
hier gänzlich aus dem Lehrplane zu streichen.
Die einjährigen Mädchen-Handelsschulen haben eine sehr
verschiedene Organisation und Unterrichtsertheilung; seit ca, drei Jahren
gilt für solche Anstalten folgender Normallehrplan:
Stunden pro Woche
Kaufmännisches Rechnen 5
Handels- und Wechselkunde 2
Buchhaltung 3
Correspondenz und Comptoirarbeiten 3
Handelsgeographie 3
Schönschreiben 2
Stenographie (unobligat)... 2
Zusammen... 20
Dieser Lehrplan ist auf Grund mehrjähriger Erfahrungen und
nach einigen Veränderungen zustande gekommen und hat sich nach
meinen eigenen Erfahrungen in seiner praktischen Durchführung bestens
bewährt.
Es hat sich häufig bewiesen, dass Mädchen mit wenigen Aus
nahmen für die Correspondenz und die Buchhaltung viel größere
Geschicklichkeit haben, als für das kaufmännische Rechnen, daher die
hohe Stundenzahl für letzteren Gegenstand erforderlich erscheint. Be
züglich der Stenographie ist die Veranlagung sehr verschieden, und in
der Handels- und Wechselkunde wechselt das Verständnis je nach den
verschiedenen Capiteln.
Warenkunde zu lehren erscheint nur dann angezeigt, wenn die
Stundenzahl über 20 hinausgeht, sonst empfiehlt es sich vielmehr,
möglichst viele warenkundliche Erläuterungen in der Handelsgeographie
einfließen zu lassen, wodurch dieser Gegenstand besonders an Interesse
gewinnt und noch größere Abwechslung bietet. Diese Verbindung der
beiden Gegenstände muss wärmstens empfohlen werden.
Die einjährigen Schulen gestatten gewöhnlich die Verwendung
der Mädchen zu häuslichen Arbeiten in den Vormittagsstunden, da
der Unterricht auf die Nachmittage beschränkt werden kann.
Die Aufnahme einer Fremdsprache in den Lehrplan kann
nicht befürwortet werden, da in einem Jahre die sich ergebenden
Resultate zu keiner praktischen Anwendbarkeit führen können und
dieser Unterricht daher in den meisten Fällen Zeitverlust wäre, wenn
nicht der allgemeine Bildungswert in Betracht käme, für welchen Zweck
wieder andere Gegenstände geeigneter erscheinen, wie z. B. deutsche
Literatur, Geschichte etc.
Alle meine Erfahrungen über die Erfolge eines solchen fremdsprach
lichen Unterrichtes führen zu einem vollständig übereinstimmenden Er
gebnis: Von der Einführung des Unterrichtes fremder Sprachen mit
weniger als vier Stunden wöchentlich und einer Unterrichtsdauer unter
zwei Jahren muss entschieden abgerathen werden.