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Der Umfang des durchzunehmenden Lehrstoffes stimmt mit dem
für einjährige Handelscurse (Seite 39) überein und umfasst in den
gelehrten Fächern den Lehrstoff der zweiclassigen Handelsschulen in
seinen wichtigeren Theilen in kürzerer Behandlung mit weniger Übungen.
Derartige Mädchen-Handelsschulen bestehen in Wien (Patzelt u. a) ;
in Pilsen (Deutsche höhere Handelsschule), Teplitz, Innsbruck, Graz,
Klagenfurt (Abtheilung der Mädchen-Arbeitsschule), Reichenberg.
Die zweiclassigen Mädchen-Handelsschulen haben meist
den Normallehrplan für diese Anstalten (Seite 30) angenommen,
einige mit Verminderung der Stundenzahl für die einzelnen Gegen
stände.
Solche Anstalten bestehen in Wien (Frauen-Erwerb-Verein,
Allina, Weiss, Porges, Kapamadiija, Schulverein für Beamtentöchter)
und in Olmütz (in Verbindung mit der höheren Handelsschule), früher
auch in Reichenberg.
Die Erweiterung der Mädchenbildung zeigt auf diesem Gebiet,
dank der Reformen, einen sehr erfreulichen Aufschwung, und es ist
zu wünschen und zu erwarten, dass die bestehenden Curse nach und
nach zu wirklichen Handelsschulen für Mädchen ausgestaltet werden.
VII.
Die Handelshochschulen.
Auch bezüglich der Handelshochschulen hat Österreich verhältnis
mäßig viele Reformen aufzuweisen, welche erkennen lassen, dass der
Gedanke, dem künftigen Kaufmann durch eine Hochschule die erforder
liche Vorbildung zu vermitteln, trotz der nicht unbedeutenden Hinder
nisse, der zahlreichen Gegner und der sehr ungünstigen Verhältnisse
feste Wurzel gefasst hat und im Laufe der Jahre manche Erweiterung,
Ergänzung und Klarstellung erfahren hat. Gerade da zeigt sich am
besten, dass alle früher gemachten Erfahrungen bei den späteren
Reformen nicht unberücksichtigt blieben.
Gegenüber der Real- und Handlungsakademie bedeutet die
Angliederung einer commerciellen Abtheilung an die technischen
Hochschulen einen Fortschritt, welcher sich noch viel bedeutsamer
in der späteren Gründung der Handelshochschule in Wien durch
die Organisation und die Specialabthcilungen äußert. In gewissem Sinne
eine Fortsetzung dieser Handelshochschule in bedeutend geringerem
Maßstabe bilden die einjährigen Abiturienten-Curse, welche an
einigen Handelsakademien (Wien, Prag, Graz) bestehen und von ein
tretenden Candidaten die Absolvierung einer Mittelschule fordern.
Dieselben weisen bei nicht zu großer Hörerzahl güte Resultate auf.
Wenn man die Reformen in dieser Hinsicht verfolgt, so tritt der
leitende Gedanke der fortgesetzten Specialisierung in die Erscheinung