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ein eigenes Handelshaus; er hat selbst Geschäfts Vorfälle zu er
denken und mit anderen Theilnehmern, die wieder ihrerseits solche
Fälle zusammenzustellen haben, in Verkehr zu treten, während der
Lehrer ihnen hierbei behilflich ist, auf alle erdenklichen den Arbeitenden
hierbei auftauchenden Fragen Auskünfte zu geben hat, sowie die Arbeiten
revidiert.
Diese Art der Durchführung kommt der ^tatsächlichen Praxis
noch näher und stellt die ideale Form des Übungscomptoirs - —
für ideale Schüler dar.
Stern geht leider nur bei dieser Form auf eine kritische Be
sprechung derselben ein, indem er ausführt:
„Diese Form der Übungscomptoirdurchführung ist wohl die be
denklichste.
Sie entbehrt vollständig des pädagogischen Grundgedankens, dass
der Lernende eben geleitet werden muss, wenn die Unterrichtsarbeit
eine zweckdienliche und gedeihliche sein soll.
Eine solche Form der Handelsunterrichtsthätigkeit ist eher ge
eignet, das System der Schulcomptoire zu discreditieren und den Gegnern
Waffen in die Hand zu drücken.
Nie und nimmer kann in Abrede gestellt werden, dass auf der
ganzen Welt, wie auch die Schule heißen möge, in einer größeren
Schülerclasse stets ein gewisser Procentsatz von unbefähigten, faulen
und nicht aufnahmsfähigen Schülern anzutreffen sein wird, deren selbst
erdachter Arbeitsplan wohl kaum vortheilhaft auf die Thätigkeit der
anderen wirken wird.“
Dieselbe hat gegenüber den beiden vorhergehenden Formen aller
dings den Vortheil, dass jeder Schüler die seinen Fähigkeiten, Nei
gungen und Absichten entsprechenden Geschäfte ausführen kann und
alle angefertigten Arbeiten, in seinem Eigenthum verbleibend, für ihn
später von Nutzen sein können.
Dieses System bietet in besonderen Ausnahmsfällen die
bedeutendsten Vortheile, birgt aber für normale Verhältnisse die größten
Nachtheile in sich.
Interessant und abwechslungsreich ist das System gewiss — aber
von der Durchführung hängt alles ab, und die hängt hier gänzlich
von den Schülern ab; das ist die Gefahr. Eifrige werden nicht selten,
um möglichst viel zu arbeiten, in manchen Unsinn verfallen, weniger
Fleißige haben es in der Hand, sich die Sache möglichst bequem zu
machen. Einen Lehrer, der auf alle da möglichen Fragen sofort
antworten kann, gibt es nicht, es ist nur ein Glück für den Leiter
eines solchen Übungscomptoirs, dass es hieftir auch keinen Inspector
gibt, daher geht die Sache auch bei minder begabten Schülern
ganz gut.
Anwendbar wäre diese Form für eine Selecta, in welche nur ab
norm befähigte Schüler eingereiht würden.
Geschäftspläne bestehen hierfür nicht, doch werden schwächeren
Schülern wohl Arbeiten vom Vorjahre als Richtschnur dienen müssen.