Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (3)

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ein eigenes Handelshaus; er hat selbst Geschäfts Vorfälle zu er 
denken und mit anderen Theilnehmern, die wieder ihrerseits solche 
Fälle zusammenzustellen haben, in Verkehr zu treten, während der 
Lehrer ihnen hierbei behilflich ist, auf alle erdenklichen den Arbeitenden 
hierbei auftauchenden Fragen Auskünfte zu geben hat, sowie die Arbeiten 
revidiert. 
Diese Art der Durchführung kommt der ^tatsächlichen Praxis 
noch näher und stellt die ideale Form des Übungscomptoirs - — 
für ideale Schüler dar. 
Stern geht leider nur bei dieser Form auf eine kritische Be 
sprechung derselben ein, indem er ausführt: 
„Diese Form der Übungscomptoirdurchführung ist wohl die be 
denklichste. 
Sie entbehrt vollständig des pädagogischen Grundgedankens, dass 
der Lernende eben geleitet werden muss, wenn die Unterrichtsarbeit 
eine zweckdienliche und gedeihliche sein soll. 
Eine solche Form der Handelsunterrichtsthätigkeit ist eher ge 
eignet, das System der Schulcomptoire zu discreditieren und den Gegnern 
Waffen in die Hand zu drücken. 
Nie und nimmer kann in Abrede gestellt werden, dass auf der 
ganzen Welt, wie auch die Schule heißen möge, in einer größeren 
Schülerclasse stets ein gewisser Procentsatz von unbefähigten, faulen 
und nicht aufnahmsfähigen Schülern anzutreffen sein wird, deren selbst 
erdachter Arbeitsplan wohl kaum vortheilhaft auf die Thätigkeit der 
anderen wirken wird.“ 
Dieselbe hat gegenüber den beiden vorhergehenden Formen aller 
dings den Vortheil, dass jeder Schüler die seinen Fähigkeiten, Nei 
gungen und Absichten entsprechenden Geschäfte ausführen kann und 
alle angefertigten Arbeiten, in seinem Eigenthum verbleibend, für ihn 
später von Nutzen sein können. 
Dieses System bietet in besonderen Ausnahmsfällen die 
bedeutendsten Vortheile, birgt aber für normale Verhältnisse die größten 
Nachtheile in sich. 
Interessant und abwechslungsreich ist das System gewiss — aber 
von der Durchführung hängt alles ab, und die hängt hier gänzlich 
von den Schülern ab; das ist die Gefahr. Eifrige werden nicht selten, 
um möglichst viel zu arbeiten, in manchen Unsinn verfallen, weniger 
Fleißige haben es in der Hand, sich die Sache möglichst bequem zu 
machen. Einen Lehrer, der auf alle da möglichen Fragen sofort 
antworten kann, gibt es nicht, es ist nur ein Glück für den Leiter 
eines solchen Übungscomptoirs, dass es hieftir auch keinen Inspector 
gibt, daher geht die Sache auch bei minder begabten Schülern 
ganz gut. 
Anwendbar wäre diese Form für eine Selecta, in welche nur ab 
norm befähigte Schüler eingereiht würden. 
Geschäftspläne bestehen hierfür nicht, doch werden schwächeren 
Schülern wohl Arbeiten vom Vorjahre als Richtschnur dienen müssen.
	        
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