Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (3)

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den Erläuterungen des Referentenentwurfes mit großer Offenherzigkeit 
zugestanden. 
Die Erfordernisse, welche der Referentenentwurf an ein gutes 
Musterschutzgesetz stellt, sind folgende: 
1. Billigkeit, 
2. ausgiebige Dauer, 
3. Sicherheit, 
4. Wirksamkeit des Musterschutzes. 
Der geltende Musterschutz ist scheinbar nicht theuer. Die Taxe 
für das einzelne Muster beträgt bloß 3 Kronen; allein der Petent 
reicht oft nicht ein Muster, sondern eine Mustersammlung ein. Eine 
Mustersammlung von 50 Mustern kostet pro Jahr 50 Kronen. 
Die Schutzdauer ist zu kurz, denn sie beträgt nur drei Jahre, 
namentlich für wertvolle Muster; für Erzeugungen, die große Kosten 
verursachen, ist diese Schutzdauer ungenügend. 
Die Sicherheit des Musterschutzes fehlt; das geltende Recht 
gibt dem Verletzten nicht jene Waffen, welche eine entsprechende 
Remedur seines gekränkten Rechtes herbeiführen können. Die Behörden, 
welche über diesen Eingriff zu entscheiden haben, die verschieden 
artige Competenz, die Decentralisation und auch die streitige Com- 
petenz lassen den Musterschutz unsicher erscheinen. Das Maximum 
der Strafe für einen wissentlichen Eingriff in das Musterrecht beträgt 
500 Gulden. 
Endlich ist die Wirksamkeit des Musterschutzes eine sehr ge 
ringe. Der Musterschutz währt drei Jahre. Ehe ein Eingriff oder 
Nichtigkeitsstreit endgültig durch alle drei Instanzen entschieden ist, 
ist der Fall für den Interessenten ohne jede Entscheidung auch 
erledigt. 
Das Bedürfnis zu einer Musterschutzrechtsreform ist zweifellos 
vorhanden. Die E’ortschritte der kunstgewerblichen Industrie, die Ent 
wicklung des Musterschutzrechtsgesetzes in den Nachbarstaaten, die 
Ausgestaltung des Erfinderrechtes in Österreich, das Urheberrecht 
und das Patentrecht, das neue Markenrecht, hauptsächlich aber die 
neue und noch immer nicht nach Gebür gewürdigte Organisation des 
neuen Patentamtes wirken sehr förderlich und beschleunigend auf die 
Reform. Der Reformbacillus in dieser Materie liegt in der Luft und 
seine Fruchtbarkeit wird durch verschiedene Begleitumstände sehr ge 
fördert, dass es uns nicht wundem kann, wenn uns statt des aus 
26 Paragraphen bestehenden Musterschutzgesetzes ein Entwurf prä 
sentiert wird, welcher nicht weniger als 107 Paragraphen zählt. 
Es sei mir die Bemerkung gestattet, dass das Studium dieser 
gewerblich so wichtigen Rechtsmaterie ein äußerst nachlässiges ist, 
dass sehr selten ein Hörer der Rechte in die Lage kommt, hierüber 
Vorlesungen zu hören, es sei denn, dass er zufällig auch Hörer der 
Export-Akademie ist. 
Wenn ich nun daran gehe, einige kritische Bemerkungen über 
den Entwurf zu machen, so finde ich keinen besseren Maßstab als
	        
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