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zersetzt, wie das auf den Starck’schen Werken in der Gegend von
Pilsen, wo die Bedingungen für dieses Verfahren durch die Natur ge
schaffen sind, noch heute geschieht.
Es bildet sich Schwefeltrioxyd, das in Wasser oder Schwefel
säure aufgelöst rauchende Schwefelsäure — „Oleum“ — bildet, welche
z. B. in der Theerfarbenindustrie zum Sulfurieren und auch anderweitig
reichlich Verwendung findet. 1875 hat CI. Winkler ein Verfahren aus
gearbeitet, das sich immer mehr und mehr verbreitet und welches
darauf beruht, dass Schwefeldioxyd und Sauerstoff über platinierten
Asbest, d. h. Asbest, der einen dünnen Überzug von Platinschwamm
erhalten hat, geleitet, Schwefeltrioxyd liefert, das dann leicht in Form
von englischer oder rauchender Schwefelsäure oder als Anhydrid ver
wendet werden kann. Die Contactmasse muss auf einer ganz bestimmten
niedrigen Temperatur erhalten werden. Es lässt sich so Schwefelsäure
jeglicher Concentration erzeugen. Werden die .Röstgase — und auch das
ist wichtig — vorher von allen Verunreinigungen durch einen Wasch-
process und von Feuchtigkeit befreit, so ist die Contactsubstanz un
begrenzt lange. haltbar, Die auf diese Weise erhaltene Säure ist völlig
arsenfrei, was ebenfalls einen großen Vortheil dieses Verfahrens
bildet.
Dass man statt Asbest auch Thon, eventuell lösliche Salze, die
mit Platinschwamm überzogen sind, anwenden kann, sei nebenbei er
wähnt. Ja, es ist neuester Zeit gelungen, auch Eisenoxyd, das in Form
von Kiesabbränden erhalten wird, als Contactsubstanz zu benützen,
vorausgesetzt, dass die Röstgase völlig getrocknet und noch mit Luft
vermischt zur Anwendung gelangen. Während das Winkler’sche Ver
fahren von 1878—1889 ausschließlich zur Erzeugung von rauchender
Schwefelsäure diente, die, wie bereits erwähnt, viel von den Farbenfabriken
verwendet wird (1890 wurden 3960 Tonnen im Werte von 325.000
Mark verbraucht) wird es jetzt, nachdem das Verfahren von der Badi
schen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen am Rhein bedeutend
vervollkommnet wurde, allgemein zur Erzeugung von Schwefelsäure,
selbst verdünnter, benützt, so dass die Bleikammern nach und nach
verschwinden, keinesfalls aber neue gebaut werden. Ein großer Theil
der Schwefelsäure wird von Deutschland exportiert, 1898 waren es
26.226 Tonnen im Werte von 1,442.000 Mark.
Die größte Menge Schwefelsäure wird in der Sodaindustrie
nach dem Leblanc-Verfahren und in der Fabrication künstlicher Dünger
materialien verwendet.
Was die Sodaindustrie anbelangt, so war bis in die letzte Zeit
der von Leblanc 1791 auf Grund einer Preisausschreibung der fran
zösischen Akademie der Wissenschaften aufgefundene Process, der auf
der Überführung des Kochsalzes in Soda basiert, fast ausschließlich
in Gebrauch.
Lrst 1866 gab Solvay ein viel einfacheres Verfahren der Soda
darstellung, die Gewinnung der Ammoniaksoda an und in der neuesten
Zeit sind in dem elektrolytischen Verfahren der Herstellung von Ätz-