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Die Verflüssigung erfolgt durch hohen Druck bei niederer Tem
peratur. Dabei ist wohl zu beachten, dass die Gase sich oberhalb
einer bestimmten Temperatur, die bei manchen Gasen sehr tief liegt,
überhaupt nicht verdichten lassen, auch wenn ein noch so starker
Druck angewendet wird. So z. B. kann man das Kohlendioxyd ober
halb -4- 31° C. noch so zusammenpressen, man ist nicht imstande,
es zu verflüssigen. Diese Temperaturgrenze, oberhalb welcher eine Ver
flüssigung nicht mehr möglich ist, bezeichneten die Physiker als kritische
Temperatur und den dabei ausgeübten Druck als kritischen Druck.
Dieser ist bei dem Kohlendioxyd 73 Atmosphären. Gase, die leicht
zu verflüssigen sind, haben eine hohe kritische 1 emperatur, man
braucht sie nur stark abzukühlen und dann genügt ein geringer Druck,
um sie flüssig zu machen. Die kritische Temperatur des Sauerstoffes
liegt bei — 119°, die des Wasserstoffes erst bei — 235°, daher das
lange und vergebliche Bemühen, diese Gase zu verflüssigen. Dabei
muss noch in Betracht gezogen werden, dass durch den starken Druck
die Temperatur sich bedeutend erhöht, ein Factor, der der Verflüssi
gung entgegenwirkt. Während das Kohlendioxyd bei -p 30 ' einen Druck
von"73 Atmosphären braucht, um verflüssigt zu werden, ist bei — 10°
nur mehr ein Druck von 27, bei —- 30" nur mehr ein solcher von
18 Atmosphären erforderlich, um das Gas im flüssigen Zustande zu
erhalten.
Um nun eine starke Abkühlung zu bewirken, umgibt man die.
Wandungen des Gasrohres mit stark abkühlenden Substanzen, z. B
schon verflüssigten Gasen. Oft macht man von dem Umstand Gebrauch,
dass durch plötzliches Ausdehnenlassen stark comprimicrter Gase eine
starke Abkühlung erzielt wird, da zur Verdampfung Wärme nöthig
war, welche dem zu verflüssigenden Gase entzogen wurde. Dadurch
wird ein Verflüssigen oft schon bei Atmosphärendruck ermöglicht.
In besonders sinnreicher Art ist dieses Princip bei der Maschine, die
zur Verflüssigung der Luft dient, von Linde angewendet worden. Der
Apparat besteht im Wesen aus einem spiralig aufgewundenen Doppel
rohr von 6 cm, respective 3 cm lichter Weite, das gegen Ii.rwärmung
von außen sorgfältig geschützt ist. Durch eine Pumpe mit genau regu
lierbarem Ventil wird die Luft so zusamrnengepresst, dass im inneren
Rohr ein Druck von 200 Atmosphären, im äußeren nur mehr ein
solcher von 20 Atmosphären herrscht. Die auf 200 Atmosphären zu-
sammengepresstc Luft, die sehr warm ist, geht durch einen Kühler,
wird da auf gewöhnliche Temperatur abgekühlt. Der Druck wird durch
ein Reducierventil soweit aufgehoben, dass er im äußeren Rohi nur
mehr 20 Atmosphären beträgt. Nachdem die Luft sich dabei abkühlt,
so kann sie nur, da sie von außen keine Wärme aufzunehmen ver
mag, Wärme aus dem inneren Rohr absorbieren. Die Luft wird
also stark gekühlt, und damit das möglichst vollständig erreicht wird,
ist das in der Technik so vielfach verwandte Gegenstromprincip zur
Anwendung gebracht, indem die beiden Luftströme von 200 und
20 Atmosphären Druck in entgegengesetzter Richtung aneinander vorbei