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So wurde, wie H. Brunek sagt (1. .cit,), das neue Schwefelsäure
verfahren eine der Grundlagen der Indigofabrication. Auch an der
Vervollkommnung der anderen Rohmaterialien, wie zum Beispiel Chlor
essigsäure, wurde mächtig gearbeitet, da die bisnun angewandten
Methoden der Chlorgewinnung zu theuer waren. Handelte es sich doch
darum, circa 2 Millionen kg Eisessig, den man durch Destillation von
ungefähr 100.000 vi z Holz gewinnt, durch Chlor in besagtes Product
überzuführen. Da hat nun das elektrolytische Verfahren, Chlor*) aus
Chloralkalien herzustellen, gute Dienste geleistet, und wurde das be
treffende, mit kostspieligen Anlagen verbundene Verfahren von der
chemischen Fabrik Elektron in Griesheim a. M. ausgearbeitet.
Durch das Chlorverflüssigungsverfahren **) wurde das elektrolytisch
gewonnene Chlor in der gewünschten Reinheit erhalten. Wie man sieht,
ist die Geschichte der technischen Darstellung des Indigos auch eine
Geschichte der Fortschritte der technischen Chemie. Der Indigo wird
in krystallinischer Form gewonnen. Ist, wie bei der Gährungsküpe,
besonders feine Vertheilung erwünscht, so führt man den Indigo durch
Schwefelsäure in ein äußerst feines, im Wasser leicht lösliches Pulver
über, das unter dem Namen „Indigo S“ in den Handel gelangt.
Die Badische Anilin- und Sodafabrik bringt heute künstlichen
Indigo unter dem Namen „Indigorein“ sowohl als trockenes Pulver,
lOOpercentig, als auch in Form einer 20percentigen Paste in den
Handel. 100 kg Steinkohlentheer sollen, 2 Percent Naphthalin im Theer
vorausgesetzt, 0'7 kg Indigoblau, das von sämmtlichen Beimengungen
frei ist, liefern. Auch das im natürlichen Indigo vorkommende Iudigoroth
ist bereits synthetisch dargestellt worden. Heute wird künstlicher Indigo
auch schon nach Indien ausgeführt, obwohl die Regierung alle möglichen
Maßregeln trifft, um das Naturproduct zu schützen. So z. B. ist in England
das Färben der Militärtuche mit künstlichem Indigo untersagt, Nach
Berichten des Consuls von Bengalen sollen Staatschemiker und strenge
Normen, die die Regierung in Bezug auf die Einfuhr des Kunstproductes
erlässt, den Fortschritten der Wissenschaft Einhalt gebieten. Doch alle
Anstrengungen werden vergeblich sein. Man kann das Umsichgreifen des
künstlichen Indigos für eine Zeit etwas eindämmen, indem man die
Einfuhr auf alle möglichen Arten erschwert, doch der angebahnte
Fortschritt lässt sich nicht mehr aufhalten. So wie der Rrappbau dem
künstlich dargestellten Alizarin weichen musste, so werden keine Gesetze
stark genug sein, den Anbau des Indigos auch für fernere Zeiten zu
sichern, da es sich nicht mehr lohnen wird und der Färber es gewiss
vorziehen dürfte, mit einem ganz reinen Product zu arbeiten und nicht
mehr manchen Zufälligkeiten in Bezug auf verwendete Menge und
Farbennuance ausgesetzt zu sein.
Sind doch die Vortheile des künstlich hergestellten Indigos
vielfache. Der gleiche Gehalt des Productes an reinem Indigo,
*) Siehe S. 12.
**) Siehe S. 17.
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