Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (3)

Widmen wir noch der historischen Ausstellung eine kurze Be 
trachtung. Die letzte Pariser Ausstellung sollte nicht nur die I' ortschritte, 
die auf den verschiedenen Gebieten gemacht wurden, klar vor Augen 
führen, sondern es sollte auch ein Überblick gewonnen werden über 
die Entwicklung der diversen Industrien im abgelaufenen Jahrhundert. 
Deshalb war jeder Abtheilung auch eine retrospective Centenar-Aus- 
stellung angegliedert, die oft höchst anziehend und eines eingehenden 
Studiums wert war. So hatte auch die chemische Industrie m ihrer 
historischen Ausstellung, die im Aufträge der Deutschen chemischen 
Gesellschaft vom Professor Dr. Wichelshaus zusammengestellt war, 
ein Bild von dem in Deutschland rege pulsierenden Leben der chemi 
schen Industrie gegeben, von den großen Erfindungen, die auf chemi 
schem Gebiete im abgelaufenen Jahrhundert von Deutschen gemacht 
wurden. Welch große Zahl illustrer Männer sind da vertreten. Wie 
viele ihrer Erfindungen kommen der ganzen Menschheit zugute, wie 
viele sind große Industrieerzeugnisse geworden. Em Katalog, aer 
dieser Abtheilung beigegeben ist, ebenfalls von Wichelshaus e- 
arbeitet, lässt uns rasch erkennen, dass die meisten Erfindungen von 
Deutschen auf dem Gebiete der Teerfarbstoffe gemacht wurden. Unter 
den Theerfarbstoffen sind es besonders zwei, die gleichsam als Mark 
steine hervorragen: die künstliche Herstellung des Alizarms und c io 
des Indigos, Dann wären die große Zahl Alizarinfarhstofie zu erwähnen, 
die zuerst künstlich von Graebe und Liebermann dargestellt wurden, 
wie z. B. Alizarinroth (1868), Alizarinroth 8’*) (1871), das von Lieber 
mann und Wense 1887 in den Handel gebrachte Ahzann bordeaux, 
ferner Alizarinorange (Caro 1876), Ahzarmgelb {\iohn m „ , 
zarinblau 8 (Brunek 1881), Alizarmgrun 8 (Bohn 1888), Alizarin- 
blauschwarz (R. E. Schmidt 1894) etc. etc ; ferner-künstlicher Indigo 
(Hever 1880, Beyer und Drewsen 1882, K. Heumann 188b;, 
Anüinschwarz, das schon 1834 von Runge erfunden freilich erst 
spät praktisch verwertet werden konnte und heute für die Baumwo 
industrie einer der wertvollsten Farbstoffe geworden ist. 
Es müsste der ganze Katalog abgeschrieben werden, wollte man 
alle Farbstoffe erwähnen, die wichtig geworden sind. Es sei nur an 
die große Zahl der Entwicklungsfarben (Eisfarben) erinnert. herner an die 
durch große Echtheit sich auszeichnenden schwefelhaltigen 1 arbstoffe u. s w. 
Das Anilin, jene Base, nach der die Theerfarbstofte oft Amlin- 
farbstoffe genannt werden, wurde von O. Unverdorben (1826; ent 
deckt, welcher es durch Destillation des Indigos (an Spanischen aml 
genannt) herstellte. Heute gewinnt man Anilin leicht durch Reduetion 
des Nitrobenzols, welch letzteres von E. Mitscherlich (1834) Jure 
Nitrieren des Benzols erhalten wurde. 
Von den anorganischen Farbstoffen wurde das Schwemfurtergrun, 
jener schön feurig grüne aber sehr giftige Farbstoff, 1814 von Russ 
und Sattler erfunden. 
*) S bedeutet immer Sulfonsäure.
	        
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