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Als Aufgaben des Übungscomptoirs ergeben sich folgende:
1. Die einzelnen Gegenstände und Thätigkeiten in ihrem
Zusammenhänge vorzuführen.
2. Die freie und selbständige Anwendung der in den ver
schiedenen Gegenständen bisher erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten
zu ermöglichen.
3. Den Schüler an eigener Initiative entspringende
Thätigkeit zu gewöhnen.
4. Eine sehr wirksame und kurz vor dem Übertritte in die Praxis
nöthige Wiederholung des wichtigeren gelernten Stoffes durch
zuführen.
5. Den Schülern die für die einzelnen Thätigkeiten wirklich (ohne
Erklärungen, Zwischenfragen, Antworten etc.) nöthige Zeit nachzu
weisen.
6. Denselben eine Reihe von Anforderungen vorzuführen und
Eigenschaften beizubringen, die jeder praktischen Thätigkeit förderlich
sind, so u. a. eigene Verantwortung, Ordnung, stete Überlegung, Auf
merksamkeit, Genauigkeit, Schnelligkeit, Sicherheit etc.
Die Arbeiten im Übungscomptoir erwecken von selbst das besondere
Interesse der Lernenden und erhöhen ganz bedeutend den Eifer und
die Lernlust, sowie die Achtsamkeit und Arbeitsfreudigkeit.
Wenn auch erst in zweiter Reihe von Wichtigkeit, sollten doch
im Mustercomptoir-Unterrichte die in der Praxis üblichen Comptoir
einrichtungen für den manipulativen Dienst, die Registratur, Controle etc.
nicht fehlen, damit die Absolventen auch diese Arbeiten alle kennen
und sich nicht oft recht unangenehmen Blamagen, die noch dazu von
den Praktikern verhältnismäßig viel zu hoch angeschlagen werden,
aussetzen.
Wie oft beurtheilt leider ein erfahrener Praktiker einen jungen
Kaufmann danach, wie er copiert, Adressen schreibt, registriert oder
addiert. Und der junge Mann kann das vielleicht alles nicht und kann
trotzdem ein bedeutender Kaufmann werden. Diese falsche Beurtheilung
ist vollständig in den falschen Ansichten über die Thätigkeit eines
Kaufmannes begründet. Solange man den jungen Leuten klar machen
will, dass Copieren, Adressen schreiben, registrieren, Schönschreiben etc.
eminent wichtige kaufmännische Thätigkeiten sind, kann man unmöglich
verlangen, dass sich besonders talentierte junge Männer zum kaufmänni
schen Beruf hingezogen fühlen, und solange ist gewiss keine
Hochschule zur Erlangung einer kaufmännischen Bildung nöthig.
Das Übungscomptoir kann die genannten Aufgaben erfüllen, wenn
es dementsprechend eingerichtet und geleitet wird. Es kommt hier wie
fast bei allen Maßnahmen nicht auf den Namen oder die Vorschrift,
auch nicht auf den zugrunde liegenden Plan, sondern in erster
Linie auf die Art der Durchführung an. Kleine Fehler oder Unter
lassungen können die Erreichung dieses oder jenes Zieles bei dem
Unterrichte leicht verhindern.