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lieh nur das eine Geschäft kennt und sich um die übrigen Unter
nehmungen gewöhnlich nur soweit kümmert, als das eigene Geschäft
davon berührt wird oder werden könnte. Die Neigung zur Einseitigkeit
und der Mangel der Systematik bilden überhaupt das größte Hindernis
für die Verwendung von Praktikern im Schulunterrichte, ganz ab
gesehen von der mangelnden Schulung in der theoretischen sowie
praktischen Pädagogik und im freien Vortrage.
Die ausschließliche Specialisierung ist eben für die Praxis ein
Vortheil, ja eine Nothwendigkeit, da höhere Bezüge nur bei voll
ständiger Beherrschung des betreffenden Faches erlangt werden können,
diese aber nur durch Beschränkung zu erreichen ist; für die Theorie,
insonderheit für den Unterricht, ist aber die Einseitigkeit ein großer
Nachtheil, da die Schulung dadurch an Interesse und Verwendbarkeit
bedeutend verliert. Ein solcher Unterricht weist dann gewöhnlich fast
alle Nachtheile der praktischen Erlernung ohne ihre Vortheile auf.
Ein untergeordneter Beamter eignet sich auf keinen Fall für den Unter
richt eines so umfassenden Gegenstandes, wenn man bedenkt, wie
der Gesichts- und Wirkungskreis eines Herrn beschaffen ist, der seit
vielen Jahren vielleicht nur das Salda-Conti, die Prima-Nota oder
das Depotbuch u. dgl. führt. Damit soll aber keineswegs der besondere
Wert hervorragender Fachleute aus der Praxis für die Abhaltung
einzelner Specialcollegien gerade an Hochschulen auch nur in Zweifel
gezogen werden. An Hochschulen und Speciallehranstalten sind die
Fachleute aus der Praxis für einzelne Vorträge, Übungen oder V or-
trags- sowie Übungscyklen am Platze, und in dieser Hinsicht bietet
sich noch viel Gelegenheit, die Erfahrung und die Kenntnisse, welche
mancher Fachmann sich im Laufe eines Menschenalters erworben hat,
den jungen Generationen zu vererben, damit diese dann in der Praxis
dort zu lernen anfangen können, wo die Alten aufgehört haben.
Besondere Fälle ausgenommen, wird daher meist einer der Handels
fachlehrer zum Leiter des Mustercomptoirs bestellt werden müssen;
gehört der Director dieser Fachgruppe an, so wird er es als eine
wichtige Pflicht betrachten müssen, diesen Gegenstand selbst zu über
nehmen, da er einerseits die meiste Gelegenheit hat, sogar in Erfüllung
seiner Amtspflichten, sich fortwährend mit allen an der Anstalt ge
lehrten Fächern zu beschäftigen, ihren Fortgang zu verfolgen und die
Fähigkeiten und Kenntnisse der Schüler in den verschiedenen Gegen
ständen kennen zu lernen, andererseits aber auch viel leichter die Mög
lichkeit hat, die nothwendige Verbindung mit den anderen Lehrkräften
und den Kaufleuten dauernd zu erhalten, sowie für die Zwecke des
Unterrichtes fruchtbringend zu gestalten.
Aber auch noch aus anderen Gründen wird der Director, wenn
es überhaupt möglich ist, das Übungscomptoir selbst zu übernehmen
haben. Bei Gelegenheit der verschiedenen Übungen wird er unwill
kürlich auf die schwachen Seiten des Unterrichtes an seiner Anstalt
aufmerksam werden und auf die Behebung der Mängel hinwirken können.
Endlich wird sich für ihn dadurch aber auch die willkommene Ge-