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Die geschichtliche Entwicklung der Buchhaltung ist enge ver
knüpft mit der Geschichte der Volkswirtschaft, indem mit der Ent
stehung der Geldwirtschaft die Kassarechnung entstanden sein und
mit einer solchen auch die Kontoform sich ausgebildet haben durfte.
Mit der Entwicklung der Kreditwirtschaft geht Hand m Hand die
Verrechnung der Schulden und Forderungen und somit die Entstehung
der Personenrechnung auf sogenannten Personenkonten; mit der Ent
wicklung des Warengroßhandels wird die Warenrechnung, mit jener
des Wechselverkehres die Wechselrechnung entstanden sein etc. Schar
in Zürich hat diese Entwicklungsstufen in seinen Lehrbüchern sehr
natürlich geschildert und daraus die einfache Buchhaltung der Jetzt
zeit aufgebaut. Auch nach der heute immer mehr maßgebenden Theorie
der doppelten Kontenreihe in der doppelten Buchhaltung kann die
einfache Buchhaltung nur als eine unvollständige Doppelbuchhaltung
mit einer Kontenreihe angesehen werden, da die Bestandrechnungen
im Personen-Kontobuche (Hauptbuch der einfachen Buchhaltung oder
Saidakonti) und in den diversen Skontren zusammen diese eine Konten
reihe repräsentieren. Die Entwicklung oder Erfindung der doppelten
Buchhaltung aus den einfachen Bestandrechnungen wurde m den ver
zweigten Handelsunternehmungen der italienischen Republiken des
Mittelalters mehr oder weniger eine wirtschaftliche Notwendigkeit,
dagegen dürften die einzelnen Bestandrechnungen ersE nach Ent
deckung der Doppelbuchhaltung »zu etwas Nützlichem und haßbarem« )
als einfache Buchhaltung kombiniert worden sein. _ . .
Die doppelte Buchhaltung der alten Italiener zeigte wohl einige
Mängel z. B. fehlte ihr das Bilanzkonto, aber immerhin war m der
selben die Gegenverrechnung zum Prinzip erhoben, und einer spateren
Zeit blieb es Vorbehalten, durch Einfügung der Abschlußkonten das
System auszubauen, bis es schließlich im letzten Jahrhunderte von den
alten schwerfälligen Praktiken und verzopften Schablonen befreit wurde.
Jedenfalls blieb "diese doppelte Buchhaltung durch lange Zeit einem
»roßen Teile der menschlichen Gesellschaft, ja sogar vielen Kaufleuten
ein Buch mit sieben Siegeln, dessen Geheimnis die historisch gewordenen
Buchhalter der alten Schule sorgfältig hüteten; der Geist der modernen
Zeit hat sie nunmehr zu neuen Daseinsformen erweckt. Heute wirc
sie in allen Handelslehranstalten gelehrt und die Fachliteratur hat
sich ihrer mit großem Eifer bemächtigt. Fort und fort erscheinen von
Autoren aus der Praxis und dem Lehrstande eine stattliche Anzahl
Buchhaltungslehrbücher, doch viele sind berufen, aber wenige aus
erwählt Hügli klagt nicht mit Unrecht in seinen »Buchhaltungs
studien«, daß er in den meisten Lehrbüchern wohl viel Neues und
auch Wertvolles, aber eine befriedigende Antwort auf die krage des
Wesens und des Unterschiedes zwischen einfacher und doppelter
Buchhaltung nicht gefunden habe, und Schär schreibt mit ebenso c ici
i) Altes und Neues aus der Buchhaltung von Pr. Ernst Jager, Stuttgart,
Adolf Liesching & Comp., 1889, S. 8.