Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (5)

98 
Berechtigung, daß man in den Darstellungen vieler praktischer Lehr 
meister und in den Lehrbüchern zahlreicher Verfasser das Wesen der 
doppelten Buchhaltung an den komplizierten Geschäftsgängen und der 
Masse von Geschäftsbüchern nicht erkenne und daher vor lauter 
Bäumen den Wald nicht sehen könne. Diesen zwei Schweizer Fach 
gelehrten, Hügli und Schär, von welchen der erstere leider schon 
im Vorjahre das Zeitliche gesegnet hat, blieb es Vorbehalten, mit den 
herkömmlichen Lehranschauungen energisch zu brechen und mit einer 
»auf pädagogischen Grundsätzen beruhenden und aus dem allgemein 
wirtschaftlichen Prinzipe abgeleiteten wissenschaftlichen Behandlung 
der. gesamten Buchhaltung« zu beginnen und diese Theorie in den 
Kreisen jener Fachleute zu verbreiten, welche »das Bedürfnis nach 
einer weniger handwerksmäßigen und mehr wissenschaftlichen Be 
handlung der Buchhaltung und des Buchhaltungsunterrichtes« emp 
finden. 
Nachdem Paciolo in seinem »Traktat« über die doppelte Buch 
haltung eigentlich keine Theorie, sondern nur die »Regeln« zur Führung 
derselben gegeben hat, so ist seine Arbeit durch vier Jahrhunderte 
das »Rezept« zur Herstellung der meisten Lehrbücher geblieben. 
Pfadfinder auf dem Wege zu einer natürlichen Theorie, wie Hügli 
sich ausdrückt, sind erst in den Jahren 1850 und 1852, also ungefähr 
zu gleicher Zeit, zwei deutsche Autoren geworden, Georg Kurzbauer 
in Wien und G. D. Augspurg in Bremen, welche — vielleicht durch 
das Studium der Schriften von Simon Stevin 1 ) und Mathieu de 
la Porte 2 ) inspiriert — das Verhältnis der beiden Kontenreihen 
erkannt und in ihren Werken 3 ) dargestellt haben, wenn sie auch bei 
dieser Darstellung immer noch unter dem Drucke des empfangenden 
Debitor, welchem der gebende Kreditor gegenüberstehen muß, leiden. 
Augspurg hat wenig Anhänger für seine Theorie gefunden, während 
es Kurzbauer etwas besser ging, nachdem seine Theorie der Be 
stand- und Erfolgskonten in den österreichischen, speziell Wiener 
Handelsschulen wohl gelehrt, aber mit der Zeit immer mehr verwischt 
wurde, so daß sie gegenwärtig im Aussterben begriffen wäre, wenn 
nicht Hügli und Schär in den Jahren 1887 und 1888*) mit ihren 
zwei Kontenreihen hervorgetreten wären und dadurch auf die Kurz 
bau er sehe Theorie wieder aufmerksam gemacht hätten. 
b Brügge 1605. 
2 ) Paris 1685. 
s ) Die kaufmännische Buchführung, von G. D. Augspurg, 1. Teil, Bremen 
1852; 2. Teil, 1855; 2. Auflage, Hamburg 1872, bei Boyes & Gaisler. 
Lehrbuch der kaufmännischen Buchhaltung, von Georg Kurzbauer, Wien 
1850; 4. Auflage, herausgegeben von Max Kurzbauer, Wien 1882, bei Karl 
Gerolds Sohn. 
4 ) Die Buchhaltungssysteme und Buchhaltungsformen, von F. Hügli, Bern, 
K. J. Wyß, 1887. 
Lehrbuch der Buchhaltung von J. F. Schär, Stuttgart, Julius Maier, 1888.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.