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erschiene ein Studium von vier bis fünf Jahren auch aus manchen
anderen Gründen sogar sehr wünschenswert, ob dies aber praktisch
angezeigt wäre, ist eine andere Frage. Ich will auch hier nicht näher
untersuchen, wie viele Studierende der Handelshochschule durch die
geringere Studiendauer gegenüber der Universität und die mangelnden
Aussichten auf anderen Gebieten sich zu diesem Studium hingezogen
fühlten und wie viele bei der Wahl dieses Studiums einem inneren
Drange oder der eigenen Überzeugung folgten.
Nur um einen stets bei Erörterungen über dieses Gebiet wieder
kehrenden Irrtum von vorneherein auszuschließen, muß immer wieder
bemerkt werden, daß die Handelshochschule nie und nimmer
als Ersatz der praktischen Ausbildung gedacht ist, sondern
nur als höhere und umfassendere, vor allem aber speziellere Vorschule
für dieselbe. Die vollendete Ausbildung kann nur durch die
anschließende Praxis erlangt werden, wie dies ja bei allen Be
rufen, für welche schon eine wissenschaftliche Vorbereitung besteht,
der Fall ist. Wenn die Kaufmannschaft aber die Vorteile, die die
Handelshochschule für die kaufmännische Praxis bieten soll, wirklich
erlangen will, darf sie selbstverständlich die Absolventen von
Handelshochschulen nicht jahrelang untergeordnete, gar keine Vor
bildung, sondern nur einseitige Übung voraussetzende Arbeiten ver
richten lassen, sondern muß deren Fähigkeiten für ihre Betriebe
auszunützen verstehen, was nicht die Regel zu sein scheint, aber sein
sollte. Nur in dem rascheren Vorwärtskommen in dem
Unternehmen soll der einzige Unterschied des tüchtigen Handels
hochschülers gegenüber seinen weniger vorgebildeten Kollegen liegen,
wobei, objektiv betrachtet, andere hervorragend tüchtige Elemente
gewiß nicht deshalb langsamer avancieren müssen, weil sie vielleicht
eine geringere theoretische Vorbildung genossen haben. Falsch ist nur,
wenn Kaufleute behaupten, daß Absolventen von Handelshochschulen
trotz ihrer größeren Tüchtigkeit nicht rascher vorwärts kommen dürfen
als andere, um eine ungleiche Behandlung ihrer Angestellten zu ver
meiden. Gerade in dieser, oft in anderer Hinsicht gerade auch nicht
unerwünschten gleichen Behandlung ungleicher Leistungen liegt aber
die größte Ungerechtigkeit, dies ist eigentlich die ungleichartigste
Behandlung, die Durchführung dieser laxen, unlogischen und un
modernen Auffassung muß jeden Fortschritt unterbinden und geradezu
enefgieabkühlend sowie unmoralisch wirken. Daher sollte dieselbe
speziell in allen, dem Handel angehörigen oder nahestehenden Unter
nehmungen nie platzgreifen. Fast alle Erfolge auf diesem Gebiete
können nur durch hervorragend fähige und fleißige Individuen erzielt
werden, die selbstredend auch die entsprechende materielle Anerkennung
verlangen, wenn sie dem Unternehmen erhalten bleiben oder nicht
plötzlich enorme Forderungen stellen sollen, was nur die natürliche
Gegenwirkung der Rücksichtslosigkeit des Unternehmers wäre. Rück
sichten müssen immer auf beiden Seiten geübt werden, wenn sie auf
Dauer Anspruch erheben wollen.