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nun auch die Zellulose zu den Kohlenhydraten gehört, so ist es nichts
Merkwürdiges, daß auch sie mit Säuren gekocht, Zucker liefert. Aller
dings ist der Prozeß ein komplizierterer. Das Holz besteht aus zweierlei
Stoffen, aus Zellulose und aus Holzstoff oder Lignit, welche in einer
Zwischensubstanz (Interzellularsubstanz) eingebettet sind. Ebenso wie
es nicht notwendig ist, aus den stärkemehlhaltigen Rohstoffen erst die
Stärke zu isolieren, sondern schon eine Zerkleinerung genügt, um die
Stärke möglichst bloßzulegen und in Zucker überzufiihren, so ist es
auch nicht nötig, die Zellulose erst aus dem Holz zu gewinnen, sondern
man kann zerkleinertes Holz (also Holzabfälle) direkt anwenden, diese
verzuckern, um die zuckerhaltige Flüssigkeit dann in geistige Gärung
zu versetzen. Damit ist das Prinzip dieses Verfahrens gekennzeichnet
und es dürfte vielleicht auch dem Laien jetzt dieser Prozeß nicht
als so besonders merkwürdig erscheinen, wie es ursprünglich viel
leicht der Fall war.
Ist nun die Gärung beendet, so hat man noch die Aufgabe, die
große Menge von fremden Stoffen, die in der vergorenen Maische
(weingare Maische) enthalten sind, von dem Haupterzeugnisse zu
trennen, was auf Grund der Flüchtigkeit und des verhältnismäßig
niederen Siedepunktes des Alkohols möglich ist. Man hat nur nötig,
durch Wärmezufuhr den Alkohol in Dampf zu verwandeln und diese
Dämpfe durch Abkühlung wieder zu Alkohol zu verdichten. Diesen
Prozeß nennt man Destillation. Da nun aber auch das Wasser und
eine Reihe von anderen Stoffen, die sich bei der Gärung gebildet
haben, flüchtiger Natur sind, so werden auch diese mit in das Destillat
übergehen. Der Alkohol siedet bei 78'5° C, das Wasser bei 100®.
Es wird, wenn man die weingare Maische destilliert, nicht reiner,
sondern ein verdünnter Alkohol entstehen, der aber alkoholreicher ist
(da ja der Alkohol flüchtiger ist als das Wasser) als das ursprüngliche
Produkt.
Wiederholt man diesen Prozeß viele Male nacheinander, so
läßt sich der Alkohol dadurch verstärken. Line solche wiederholte
Destillation bezeichnet man als Rektifikation. Auch andere Mittel gibt
es, um aus der verdünnten zirka 10% Alkohol enthaltenden Maische
einen hochprozentigen (90—95%) Alkohol zu gewinnen. Kühlt man
die flüchtigen Dämpfe während der Destillation etwas ab, so werden
sich zuerst diejenigen Dämpfe verdichten, die den höheren Siedepunkt
haben. Also aus einem Gemisch von Wasser und Alkohol wird sich
zuerst bei der Abkühlung Wasser verdichten und die Dämpfe dadurch
noch alkoholreicher werden. Diesen Prozeß bezeichnet man als Dephleg-
mation. Die modernen Destillationsapparate sind sehr hoch und
enthalten Elemente, welche die angedeuteten Prozesse oft und oft
wiederholen. Sie bestehen aus Destillationskolonnen, Rektifikations
kolonnen, Dephlegmatoren und schließlich werden die Dämpfe, die sich
trotz Rektifikation und Dephlegmation nicht verdichtet haben, in Röhren,
die von kaltem Wasser umspült sind, geleitet (Kondensatoren, Kühler),
wo sie vollkommen verdichtet werden.