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Hörer davon in der Praxis unmittelbar Nutzen ziehen kann, ohne daß
die Schule die Praxis ersetzen soll.
Sowohl die theoretische als auch die praktische Schulung muß
sich auf einem bedeutend höheren Niveau bewegen als an den Mittel
schulen, daher mindestens 2 bis 3 Studienjahre umfassen.
Bei vorhandener uneingeschränkter Lernfreiheit ergibt sich, daß
ein großer Abfall an Studierenden stattfindet, die durch ihr mangel
haftes Wissen den Ruf der Anstalt diskreditieren, wenn sie sich über
den Besuch derselben ausweisen können.
Eine Trennung der Hochschule nach Fakultäten für die wich
tigsten verschiedenen Zweige der Handelstätigkeit (Bank-, Waren-,
Speditions-, Transport- und Versicherungsgeschäft) erscheint erst dann
empfehlenswert, wenn die Anstalt eine gewisse Blüte erlangt hat.
Dagegen ist es sehr angezeigt, vorerst nur eine Fakultät einer
Handelshochschule zu errichten und dieselbe durch Angliederung
weiterer Fachabteilungen im Laufe der Jahre zu einer vollen Handels
hochschule auszubauen. Für den Beginn eignet sich jene Abteilung, die
die meisten Hörer verspricht oder die größten Kenntnisse bedingt, weil
die Anstalt dann wirklich Gelegenheit hat, ihre Überlegenheit zu erweisen.
Obwohl es für den Handelsstand nur von Nutzen sein kann,
wenn die Anzahl der höher gebildeten Kräfte groß ist, so kann doch
die rasch aufeinanderfolgende Gründung mehrerer Handelshochschulen
innerhalb eines begrenzten Wirkungsgebietes zu einer vorübergehenden
Überproduktion von Spezialisten und höher gebildeten Kräften, die
sich für weniger hohe Aufgaben nicht erwärmen können, führen, wozu
noch der Mangel an bereits vorhandenen geeigneten Lehrkräften kommt.
Ungarn.
Auch in Ungarn gingen der tatsächlichen Eröffnung von
Handelshochschulen mehrere Projekte und Versuche voraus. So wurde
als Aufgabe der im Jahre 1857 gegrünffeten T e c h n i k auch die Vor
bereitung für den Handel angegeben und wir finden unter den kommer
ziellen Lehrgegenständen dieses Institutes: Handels- und Wechselrecht,
Rechnen, politische Arithmetik, Korrespondenz und Warenkunde. Im
Jahre 1863 wurden die Handelsfächer in eine »Wirtschaftliche
Abteilung« mit zwei Jahrgängen vereinigt. Diese Abteilung wies
folgende Unterrichtsgegenstände auf: Mathematik, kaufmännisches
Rechnen, ungarische und deutsche Korrespondenz, Handelskunde und
Wechselrecht, Nationalökonomie, Warenkunde, Gewerbe- und Handels
geographie, Gewerbe- und Handelsgeschichte, Buchhaltung, politische
Arithmetik, Handels- und Gewerbegesetzgebung, Gewerbestatistik und
Schönschreiben. Im Jahre 1871 wurde die deutsche Grammatik mit
einer größeren Stundenzahl bedacht und gleichzeitig die englische,
französische und italienische Sprache sowie die Stenographie in den
Lehrplan neu aufgenommen. Als die Technik im Jahre 1882 ein neues
Statut erhielt, fiel der kommerziellen Abteilung auch die Aufgabe