Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (5)

164 
Lehranstalten für die kaufmännische Ausbildung nicht in genügender 
Zahl vorhanden sind und viele der bisher bestehenden derartigen Institute 
die Handelsfächer nur in geringem Ausmaße pflegen. Man kann fast 
ganz allgemein die Beobachtung machen, daß in denjenigen Ländern, 
in welchen nicht genügend viele mittlere und höhere Handelslehr 
anstalten bestehen, die Handelshochschulbewegung den fruchtbarsten 
Boden gefunden hat und sich dortselbst am intensivsten das Bedürfnis 
nach Errichtung der höchsten kaufmännischen Fachschulen geltend 
macht, obwohl in vielen Fällen bei näherer Prüfung sich ergeben 
müßte, daß vorerst die Gründung niederer und mittlerer kommerzieller 
Schulen viel notwendiger und wichtiger ist als diejenige von Handels ■ 
hochschulen. Die Folgen eines derartigen Vorganges sind im Hinblick 
auf frühere Verhältnisse leicht vorauszusehen. Ein Teil der Handels 
hochschulen wird mit der Zeit zu höheren Mittelschulen werden müssen 
oder das Schwergewicht der Wirksamkeit auf andere Gebiete ver 
legen, anstatt diesen speziellen Unterrichtszweig weiter auszugestalten. 
Dies erscheint aber im Interesse sämtlicher beteiligten Kreise viel 
gefährlicher, als wenn man gediegene höhere kaufmännische Mittel 
schulen gründen würde, die durch Angliederung von Fachkursen einen 
Teil der Aufgaben von Handelshochschulen, vielleicht sogar den Ver 
hältnissen angemessener, erfüllen könnten. So sehr die Handelshoch 
schulen geeignet erscheinen, das Ansehen des ganzen Standes zu heben, 
so wenig hoch würde ihr eigenes sein, wenn für die einfachsten und 
niedersten Manipulationen Handelshochschüler in großer Zahl zur Ver 
fügung stehen würden. Das Höchste darf eben nie in großer Menge 
vorhanden sein, weil es sonst selbst gegen alle Absichten auf eine 
niedrigere Stufe herabsinken muß. 
Die große Besuchsziffer der Kölner Handelshochschule ist leicht 
dadurch zu erklären, daß ihr die gesamte Wirksamkeit der University 
extension zufällt, die sich in anderen Städten auf mehrere Hochschulen 
und sonstige Einrichtungen hiefür verteilt. Die Akademie in Frank 
furt a. M. kann ebensowenig wie diejenige in Posen als eine Handels 
hochschule angesehen werden; diese Institute sind beide als freie 
Volkshochschulen tätig und diesem Umstande verdanken sie in erster Linie 
ihre Hörer. Nur der Leipziger und der Berliner Handelshochschule 
bleibt es Vorbehalten, sich als reine und spezielle Handelshochschulen 
in derselben Stadt neben anderen Hochschulen zu entwickeln, wobei 
insbesondere die letztere sämtliche Fächer den speziellen Zwecken 
entsprechend ausgestalten kann. 
Wenn Preußen drei und die übrigen größeren deutschen Staaten 
(Sachsen, Bayern, Württemberg), sowie Hamburg je eine Handelshoch 
schule aufweisen, dürfte das zulässige Maß voll erreicht sein und es 
erscheint wünschenswert, ' daß sowohl die maßgebenden Behörden als 
auch die öffentliche Meinung diese Beschränkung ebenso erzwingt wie 
die wenigen noch wünschenswert erscheinenden Gründungen gefördert 
zu werden verdienen. Bei den verschiedenen auftauchenden Projekten 
und der Diskussion dieser Frage wurde nicht immer beachtet, daß
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.