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Lehranstalten für die kaufmännische Ausbildung nicht in genügender
Zahl vorhanden sind und viele der bisher bestehenden derartigen Institute
die Handelsfächer nur in geringem Ausmaße pflegen. Man kann fast
ganz allgemein die Beobachtung machen, daß in denjenigen Ländern,
in welchen nicht genügend viele mittlere und höhere Handelslehr
anstalten bestehen, die Handelshochschulbewegung den fruchtbarsten
Boden gefunden hat und sich dortselbst am intensivsten das Bedürfnis
nach Errichtung der höchsten kaufmännischen Fachschulen geltend
macht, obwohl in vielen Fällen bei näherer Prüfung sich ergeben
müßte, daß vorerst die Gründung niederer und mittlerer kommerzieller
Schulen viel notwendiger und wichtiger ist als diejenige von Handels ■
hochschulen. Die Folgen eines derartigen Vorganges sind im Hinblick
auf frühere Verhältnisse leicht vorauszusehen. Ein Teil der Handels
hochschulen wird mit der Zeit zu höheren Mittelschulen werden müssen
oder das Schwergewicht der Wirksamkeit auf andere Gebiete ver
legen, anstatt diesen speziellen Unterrichtszweig weiter auszugestalten.
Dies erscheint aber im Interesse sämtlicher beteiligten Kreise viel
gefährlicher, als wenn man gediegene höhere kaufmännische Mittel
schulen gründen würde, die durch Angliederung von Fachkursen einen
Teil der Aufgaben von Handelshochschulen, vielleicht sogar den Ver
hältnissen angemessener, erfüllen könnten. So sehr die Handelshoch
schulen geeignet erscheinen, das Ansehen des ganzen Standes zu heben,
so wenig hoch würde ihr eigenes sein, wenn für die einfachsten und
niedersten Manipulationen Handelshochschüler in großer Zahl zur Ver
fügung stehen würden. Das Höchste darf eben nie in großer Menge
vorhanden sein, weil es sonst selbst gegen alle Absichten auf eine
niedrigere Stufe herabsinken muß.
Die große Besuchsziffer der Kölner Handelshochschule ist leicht
dadurch zu erklären, daß ihr die gesamte Wirksamkeit der University
extension zufällt, die sich in anderen Städten auf mehrere Hochschulen
und sonstige Einrichtungen hiefür verteilt. Die Akademie in Frank
furt a. M. kann ebensowenig wie diejenige in Posen als eine Handels
hochschule angesehen werden; diese Institute sind beide als freie
Volkshochschulen tätig und diesem Umstande verdanken sie in erster Linie
ihre Hörer. Nur der Leipziger und der Berliner Handelshochschule
bleibt es Vorbehalten, sich als reine und spezielle Handelshochschulen
in derselben Stadt neben anderen Hochschulen zu entwickeln, wobei
insbesondere die letztere sämtliche Fächer den speziellen Zwecken
entsprechend ausgestalten kann.
Wenn Preußen drei und die übrigen größeren deutschen Staaten
(Sachsen, Bayern, Württemberg), sowie Hamburg je eine Handelshoch
schule aufweisen, dürfte das zulässige Maß voll erreicht sein und es
erscheint wünschenswert, ' daß sowohl die maßgebenden Behörden als
auch die öffentliche Meinung diese Beschränkung ebenso erzwingt wie
die wenigen noch wünschenswert erscheinenden Gründungen gefördert
zu werden verdienen. Bei den verschiedenen auftauchenden Projekten
und der Diskussion dieser Frage wurde nicht immer beachtet, daß