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handene Neigung der Zwischenhändler, die durch die Marktkonjunktur
gegebene Gewinnchance im ganzen Umfange für sich auszunützen,
zog es nach sich, daß auch der Indent heute zumeist im Eigenhandels
verhältnis aufgenommen wird. Aus einem Einkaufsauftrag wird dadurch
eine Bestellung, aus einer Auftragserteilung und Auftragsübernahme
wird ein Kaufvertrag auf spätere Lieferung. Dennoch mißt sich der
Verkäufer auch weiterhin die Rolle des Einkäufers zu, was ihm er
möglicht, eventuell nicht sofort eine strikte Lieferungsverpflichtung zu
übernehmen, aber auch sonst seine Kontraktsverpflichtuugen zu be
schränken und das Importrisiko zum größten Teile auf den Käufer zu
überwälzen.
Lieferungsverträge, die unter der Annahme, daß der Verkäufer
nur als Einkaufsvermittler handelt, diesen weniger strikt binden, als
es sonst bei Kaufverträgen üblich ist, gibt es auch außerhalb der
Sphäre des Indentgeschäftes. So wird nach den Züricher Platzusancen
für den Import von asiatischer Gregcseide der Verkäufer ebenfalls als
Einkäufer oder Auftragübernehmer aufgefaßt und seine Haftbarkeit
vielseitig beschränkt. Der Käufer hat unter anderem nicht das Recht,
die Ware zurückzuweisen, es sei denn, »daß grobe Fahrlässigkeit des
Einkäufers konstatiert werde«. Selbst das Hinausschieben der
definitiven Übernahme der Lieferungsverpflichtung auf einen späteren
Zeitpunkt gegenüber einer fixierten Gültigkeitsdauer der Order findet
sich in diesem Geschäftszweige vor. Es sind auch in den Cif- und
Arrivalkontrakten des westeuropäischen Importgeschäftes für über
seeische Produkte unter dem Gesichtspunkte, daß der Verkäufer nicht
aus eigenem Vorräte liefert, sondern die Ware nur von Übersee
beordert, dessen Verpflichtungen oftmals in mancher Richtung be
schränkt und das Importrisiko zum größten Teil dem Käufer über
tragen. Bestellungen endlich, die in Übersee bei Importeuren euro
päischer Artikel oder Vertretern europäischer Exporteure gemacht
werden, sind eigentlich immer gegeben unter der Annahme, daß die
Ware vom Verkäufer erst eingekauft werden muß, was zur Folge
hat, daß zentral- und südamerikanische Käufer innerhalb einer ent
sprechenden Zeit die Erklärung des Verkäufers, daß die Ware in
Europa gegenwärtig nicht mehr zu den abgemachten Preisen zu haben
sei, meist ohne Klage hinnehmen, auch ohne daß ein reines Kom
missionsverhältnis bestehen würde.
Nicht. in dem Wesen des Indentgeschäftes sind daher jene be
sonderen Eigenarten gelegen, die uns an demselben interessieren,
sondern nur in der Art seiner Durchführung auf jenen Märkten, wo
der Besteller ein Asiate, der Bestelluugsübernehmer ein Europäer ist.
Aus dem Gegensätze des Kulturniveaus der beiden Kontrahenten
ergibt sich das Spezifische des Indentgeschäftes im Osten. In Australien,
wo dieser Gegensatz fehlt, weist daher auch das Indentgeschäft keine
\ erst:hiedenartigkeit auf gegenüber sonstigen in Übersee gemachten
Bestellungen bei Importeuren, weder der Form noch dem Inhalte nach.
Das Wort »Indent« ist zwar von den englischen Kaufleuten, die es in