Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (5)

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handene Neigung der Zwischenhändler, die durch die Marktkonjunktur 
gegebene Gewinnchance im ganzen Umfange für sich auszunützen, 
zog es nach sich, daß auch der Indent heute zumeist im Eigenhandels 
verhältnis aufgenommen wird. Aus einem Einkaufsauftrag wird dadurch 
eine Bestellung, aus einer Auftragserteilung und Auftragsübernahme 
wird ein Kaufvertrag auf spätere Lieferung. Dennoch mißt sich der 
Verkäufer auch weiterhin die Rolle des Einkäufers zu, was ihm er 
möglicht, eventuell nicht sofort eine strikte Lieferungsverpflichtung zu 
übernehmen, aber auch sonst seine Kontraktsverpflichtuugen zu be 
schränken und das Importrisiko zum größten Teile auf den Käufer zu 
überwälzen. 
Lieferungsverträge, die unter der Annahme, daß der Verkäufer 
nur als Einkaufsvermittler handelt, diesen weniger strikt binden, als 
es sonst bei Kaufverträgen üblich ist, gibt es auch außerhalb der 
Sphäre des Indentgeschäftes. So wird nach den Züricher Platzusancen 
für den Import von asiatischer Gregcseide der Verkäufer ebenfalls als 
Einkäufer oder Auftragübernehmer aufgefaßt und seine Haftbarkeit 
vielseitig beschränkt. Der Käufer hat unter anderem nicht das Recht, 
die Ware zurückzuweisen, es sei denn, »daß grobe Fahrlässigkeit des 
Einkäufers konstatiert werde«. Selbst das Hinausschieben der 
definitiven Übernahme der Lieferungsverpflichtung auf einen späteren 
Zeitpunkt gegenüber einer fixierten Gültigkeitsdauer der Order findet 
sich in diesem Geschäftszweige vor. Es sind auch in den Cif- und 
Arrivalkontrakten des westeuropäischen Importgeschäftes für über 
seeische Produkte unter dem Gesichtspunkte, daß der Verkäufer nicht 
aus eigenem Vorräte liefert, sondern die Ware nur von Übersee 
beordert, dessen Verpflichtungen oftmals in mancher Richtung be 
schränkt und das Importrisiko zum größten Teil dem Käufer über 
tragen. Bestellungen endlich, die in Übersee bei Importeuren euro 
päischer Artikel oder Vertretern europäischer Exporteure gemacht 
werden, sind eigentlich immer gegeben unter der Annahme, daß die 
Ware vom Verkäufer erst eingekauft werden muß, was zur Folge 
hat, daß zentral- und südamerikanische Käufer innerhalb einer ent 
sprechenden Zeit die Erklärung des Verkäufers, daß die Ware in 
Europa gegenwärtig nicht mehr zu den abgemachten Preisen zu haben 
sei, meist ohne Klage hinnehmen, auch ohne daß ein reines Kom 
missionsverhältnis bestehen würde. 
Nicht. in dem Wesen des Indentgeschäftes sind daher jene be 
sonderen Eigenarten gelegen, die uns an demselben interessieren, 
sondern nur in der Art seiner Durchführung auf jenen Märkten, wo 
der Besteller ein Asiate, der Bestelluugsübernehmer ein Europäer ist. 
Aus dem Gegensätze des Kulturniveaus der beiden Kontrahenten 
ergibt sich das Spezifische des Indentgeschäftes im Osten. In Australien, 
wo dieser Gegensatz fehlt, weist daher auch das Indentgeschäft keine 
\ erst:hiedenartigkeit auf gegenüber sonstigen in Übersee gemachten 
Bestellungen bei Importeuren, weder der Form noch dem Inhalte nach. 
Das Wort »Indent« ist zwar von den englischen Kaufleuten, die es in
	        
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