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brikanten in Europa in seinem Preise nicht gleicherweise tief drücken
kann, eine Verpflichtung zu liefern nicht besteht. Dadurch haben die
Preise stets die Tendenz, auf ein Niveau sich zu stellen, wo weder
dem Importvermittler noch dem Fabrikanten ein befriedigender Ge
winn verbleibt. Und den Gewinn aus jener Geschäftseigentümlichkeit
des Indents, die dem Europäer so viel Vorteil zu sichern scheint, hat
schließlich der Konsum des Importlandes.
Die originellsten, zugleich ausgeprägtesten Formen hat das Indent
geschäft in Britisch-Indien, beziehungsweise in Bombay, das auch als
die Wiege desselben zu betrachten ist. Nirgends drücken sich die
früher erwähnten zweifachen Bestrebungen der europäischen Verkäufer
gegenüber ihren asiatischen Käufern so deutlich aus wie hier.
Die Europäer haben hier die Basis des rechtlichen Kommissions
verhältnisses fast ganz verlassen. Sie verzichten auf eine separate
Kommissionsberechnung, um dafür die Differenz zwischen Einkaufs
und Verkaufspreis voll sich zueignen zu können. Doch wollen sie auf
die Ungebundenheit des Kommissionärs seinem Auftraggeber gegen
über ebenfalls nicht verzichten. Sie wollen die Vorteile des Eigen
händlers mit den Vorteilen des Kommissionärs verbinden. Daraus
entstehen nun Textierungskünste im Indent, mit Hilfe deren ein Vertrag
konstruiert werden sollte, durch den dem Käufer kein, dem Verkäufer
jegliches Recht zukommen würde. Dem Erfolge dieser Textierung steht
bloß die gerichtliche Auffassung entgegen, daß es einen nur einseitig
bindenden Vertrag nicht gibt, daß ein Vertrag beide Teile binden
müsse. Immerhin wird so ziemlich die äußerste Grenze des gerichtlich
Durchsetzbaren erreicht, ja man geht vielfach doch noch über diese
Grenze hinaus, indem man in Berücksichtigung zieht, daß nicht jeder
Kontrahent sich gleich in einen komplizierten Rechtsstreit einläßt und
daß den Kontraktsbestimmungen doch bis zu einem gewissen Grade
ein moralischer Zwang innewohnt, wozu noch kommt, daß - ebenfalls
nach den Indentbestimmungen Rechtsstreitigkeiten nicht vor den
ordentlichen Gerichten, sondern durch ein aus europäischen Kauf
leuten bestehendes Schiedsgericht auszutragen sind.
Daß die Europäer die Basis eines rechtlichen Kommissionsver
hältnisses verlassen, daran tun sie wohl gut, denn die im Indent ein
gesetzten Preise werden und wurden nie als Einkaufslimite aufgefaßt,
sondern als fixe Verkaufspreise.
Es heißt auch nie im Indent »kaufen Sie billigstens, höchstens
zu den angegebenen Preisen ein«, sondern die Preise werden neben
der Bezeichnung des Warenquantums kurzweg angeführt. Eine Einkaufs
kommission mit fixierten, nicht limitierten Preisen ist aber in allen jenen
Fällen, in denen zur Zeit der Erteilung der Order nicht schon Offerte
mit gleichartigen Preisen vorliegen, widersinnig. Man kann nicht die
Kommission geben, zu einem ganz bestimmten Preise in Europa ein-
zukaufen. Der richtige Wortlaut des Indents bezüglich der Preise, dem
üblichen Sinne nach, wäre eigentlich: »Kaufen Sie für mich ein und
rechnen Sie mir die folgenden Preise dabei auf«. Daß diese Auffassung