Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (6)

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VIII. Die Schwierigkeiten des Monopols. 
Da alle diese Tatsachen in den europäischen Finanzministerien 
sehr wohl bekannt und fast alle europäischen Staaten in ihren Finanzen 
recht knapp sind, bei meist schon kaum zu steigerndem Drucke der 
direkten und indirekten Besteuerung, so wird meines Erachtens eine 
Finanzverwaltung nach der anderen genötigt sein, dem Staatsbudget 
durch Ausnützung dieser Finanzquelle die unentbehrliche Elastizität 
zu geben. Statt sich durch diese Eventualität überraschen zu lassen, 
würden die Parlamente gut daran tun, nach dem Vorgänge des 
Schweizer Volkes selbst die Initiative zu ergreifen, solange noch ein 
großer Teil dieser Einnahmen für sozialpolitische Zwecke und für 
Entlastung von den drückenderen Steuern frei ist, während ein anderer 
Teil das gefährliche Anwachsen der Staatsschulden in Friedenszeiten 
überflüssig machen könnte, 
Die große Aufgabe auf diesem Gebiete liegt in der Überwindung 
der entgegenstehenden Hindernisse. Sie werden überwunden werden 
müssen, weil, soweit das Auge auch blicken mag, keine erheblichen 
Quellen neuer Einnahmen zu entdecken sind, als etwa die Nachahmung 
der preußischen Vermögenssteuer oder die Steigerung der Erbschafts 
steuer bezüglich der entfernt oder gar nicht verwandten Erben und 
Legataren, beides Einnahmen von voraussichtlich in unserem Vaterlande 
mäßigem Ertrage, während das Wachstum der Ausgaben bei uns wie 
überall rasch und unaufhaltsam vor sich geht. 
Jene Hindernisse müssen ganz bedeutend sein. Sonst würde bei 
dem tiefen Widerwillen des französischen Kapitals, groß und klein, 
gegen eine Einkommensteuer, diese bereits für so viele hoffnungsvolle 
Finanzminister, ja selbst Ministerien der Republik tödliche Idee 
längst durch Alglaves daselbst wohlbekannte und viel erörterte Idee 
ersetzt worden sein. Auch in Deutschland hat selbst die gewaltige 
Autorität des Fürsten Bismarck die durch Eugen Richter glänzend 
vertretenen Bedenken des deutschen Volkes nicht zu überwinden ver 
mocht. Und noch heute, angesichts der Exzesse des Spiritusringes und 
der gedrückten Finanzlage des Reiches, wird nicht einmal der Vor 
schlag gemacht, auf das Tabaks- oder das Branntweinmonopol zurück 
zukommen. 
Der Grund hiefür ist ein sehr einfacher. Ein altes Monopol ist 
ein Segen, speziell bei Waren wie Tabak und Branntwein, deren Ver 
teuerung im ersteren Falle kein wichtiger, im letzteren überhaupt kein 
Übelstand ist. Aber ein neues Monopol wühlt alle Begehrlichkeiten 
auf und zerstört viele Existenzen. In Österreich besonders, wo die alt 
hergebrachten Propinationsrechte ! ) in Galizien und der Bukowina ab 
zulösen wären, würden wahrscheinlich maßlose Entschädigungsansprüche 
gestellt werden. Diese Schwierigkeit läßt sich vorläufig umgehen, indem 
nach russischer Methode zunächst nur einige Kronländer, etwa die 
’) Vgl. Mise hl er - Ulbrich, Österreichisches Staatslexikon, Art. 
»Propination« und die daselbst angedeutete Literatur.
	        
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