Full text: Jahrbuch der Export-Akademie des K. K. Österreichischen Handels-Museums (6)

nach dem Beispiel früher bestehender durchführt. So sind z. B. die 
meisten Handels-Museen nach den in Wien und Brüssel errichteten 
Instituten eingerichtet worden und haben dann bei andern Nationen 
nicht immer die richtige Wirksamkeit und Bewertung gefunden. Dies 
bildet die Ursache für die so verschiedenartige Beurteilung der Wirk 
samkeit dieser Institutionen. Bei der Inaugurierung der einzelnen 
Maßnahmen wurden die bisher bestehenden analogen Einrichtungen 
in anderen Staaten viel zu sehr und die eigenartigen Bedürfnisse des 
eigenen Landes oft viel zu wenig berücksichtigt. Und doch müßte 
es gerade umgekehrt sein. Es sind gar viele Abstufungen der Wirk 
samkeit solcher Institutionen denkbar, von der einflußlosen Mitteilung 
der Informationen bis zum tatsächlichen Betrieb des Handels. Eine 
Handelsförderungsinstitution in London muß ganz anders aussehen als 
eine solche in Wien und eine derartige Anstalt auf einem reichs- 
deutschen Handelsplatz muß wieder ganz anders organisiert sein. Ja 
selbst in einem und demselben Reiche müssen diese Institute in den 
einzelnen Provinzen verschieden eingerichtet sein, wenn sie dem tat 
sächlichen Bedürfnis entsprechen sollen. So müßten zwischen solchen 
Einrichtungen in Wien, Prag, Triest und Budapest sehr bedeutende 
Unterschiede erkennbar sein und ebenso dürften solche Institute an 
den verschiedenen Handelsplätzen Nord- und Süddeutschlands nicht 
gleichartig organisiert sein. In einem Gebiete, in welchem die in 
dustriellen und kommerziellen Unternehmungen auf einer sehr hohen 
Stufe stehen, wird sich jede derartige Institution mehr auf eine passive 
Mitwirkung bei der Exportförderung beschränken müssen, während sie 
in einem Gebiet mit wenig entwickeltem Handelsverkehr bedeutend 
aktiver eingreifen muß. 
Aber nicht nur die Entwicklungsstufe des Handels und der 
Industrie, auch viele andere Momente müssen hiebei ausreichend 
berücksichtigt werden, so z. B. die größere oder geringere Initiative 
und Unternehmungslust der Bevölkerung, die Neigung zu festen oder 
spekulativen Kapitalanlagen, die Höhe des Zinsfußes, der konservative 
Geist der Nation, die historische Entwicklung der heimischen Handels 
verhältnisse, die allgemeine Bildungsstufe der Bevölkerung, die Verkehrs 
einrichtungen und andere Umstände. 
Nur in kommerziell weniger entwickelten Ländern werden diese 
Institute genötigt sein, unter Umständen selbst Handel zu treiben; ein 
vorgeschrittener und erfahrener Kaufmannsstand wird sich sogar jede 
Einmengung derselben in die Handelspraxis aufs energischeste 
verbieten. Sie werden dem wirklichen Bedürfnis desto mehr ent 
sprechen, je mehr sie sich den eben herrschenden Verhältnissen im 
Handelsbetrieb daselbst anpassen. 
Je entwickelter der Handel eines Landes bereits ist, 
desto weniger soll sich ein handelsförderndes Institut aktiv 
an dem Handelsbetrieb beteiligen. Es muß demnach als ein 
günstiges Zeichen für die Entwicklung des heimischen Außenhandels 
gelten, wenn hiebei die Mitwirkung solcher Institute in den einzelnen
	        
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