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Größere Initiative und weitblickender Unternehmungsgeist sowie
die Verwertung der anders angelegten, geringe Zinsen tragenden
Kapitalien auf dem Gebiete des Außenhandels würden sicherlich be
deutendere Erfolge herbeiführen. Wünschenswert erschiene ferner vor
allem eine größere indirekte Förderung des Exportes, welche als
wichtiger bezeichnet werden muß wie die direkte Unterstützung.
Dieselbe kann auf den verschiedensten Gebieten erfolgen und muß
selbstredend dem einzelnen Falle angepaßt werden.
Eine praktischere kommerzielle Ausbildung der Produzenten und
die Erziehung aller Beteiligten zur größeren Genauigkeit, raschen und
verläßlichen Ausführung der Aufträge, Einhaltung der Lieferfristen und
zur umsichtigen, tüchtigen Dispositionsfähigkeit muß als besonders bedeut
sam für den praktischen Erfolg im Außenhandel hervorgehoben werden.
Ungarn.
Eine besonders rege Tätigkeit auf dem Gebiete der Handels
und Industrieförderung entwickelt in den letzten Jahrzehnten die
ungarische Regierung.
Um industrielle und kommerzielle Unternehmungen regelmäßig
unterstützen zu können, wurde unter dem 12. April 1890 ein Ge
werbe- und Handelsfonds geschaffen, welcher es ermöglicht, daß
die Regierung als Aktionär oder externes Mitglied derartige Unter
nehmungen materiell fördert. Im Budget erscheinen für die Förderung
des Außenhandels seit Jahren 300.000 K eingestellt.
Staatssekretär Szterenyi arbeitet seit Jahren an einem Memo
randum über Exportförderung, welches an 500 Seiten umfaßt
und in seinem ersten Teile die gegenwärtig bestehenden Einrichtungen
Ungarns zum Zwecke der Hebung des Exportes, im zweiten Teile die
bisherigen Erfolge Ungarns auf diesem Gebiete und eine detaillierte
Statistik der Ausfuhr enthält, während der dritte 'Feil die verschiedenen
Exportförderungs-Institutionen, welche im Ausland zur Anwendung
kommen, anführt. Der vierte Teil umfaßt Vorschläge, durch welche
Maßnahmen die Exportbestrebungen Ungarns noch weiter gefördert
werden könnten. In diesem Teile, der für die vorliegende Studie am
meisten in Betracht kommt, werden behufs Erweiterung des Exportes
zunächst ausführlichere, sachgemäßere und die Verhältnisse besser
berücksichtigende kommerzielle Berichte aus dem Auslande gefordert
und eine - Reform der Tarifpolitik sowie die Ausgestaltung der
ungarisehen Seeschiffahrt vorgeschlagen. Ferner wird eine Erweiterung
der Tätigkeit des ungarischen Handels-Museums und die Errichtung
einer Export-Akademie in Antrag gebracht.
Anfangs des Jahres 1900 wurde in Ungarn der wirtschaftlich
kommerzielle Fachberichterstatterdienst organisiert. Handels
berichterstatterwurden entsendet nach München für das südliche Deutsch
land und die Schweiz, nach Brüssel für Belgien und Frankreich, nach
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