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Mtinch-Ferber in den Etat des auswärtigen Amtes 20.000 M. für Aus-
landshandelskammern einzusetzen, was jedoch trotz der Annahme dieser
Resolution nicht erfolgte, worauf sich der Reichstag im März 1902
wieder mit der Angelegenheit beschäftigte und den wiederholt ein-
gebrachten Antrag ablehnte. Die Bedenken, welche gegen diese
Institution im Deutschen Reich geltend gemacht werden, sind haupt
sächlich folgende: Der deutsche Handel ist bereits so gut ein
geführt und verfügt über so zahlreiche Vertreter im Auslande,. daß
der schon bestehende Handel nur geschädigt werden kann, wenn kapitals
schwache Firmen zu größeren Operationen angeregt werden. Der ge
wiegte Kaufmann kann sich die Nachrichten und Informationen viel
rascher durch seine eigenen Vertreter als durch Institutionen beschaffen
und die ausländischen Kaufleute werden gewiß nicht geneigt sein, ihre
Erfahrungen im Interesse des deutschen Handels zu verwerten, auch
werden leicht entstehende Konflikte zwischen den Konsuln und den
Kammern befürchtet; endlich stimmen die Interessen des deutschen
Handels und der deutschen Industrie nicht immer mit denjenigen der
deutschen Kaufleute im Auslande überein. Im April 1904 wurde von
der Reichsregierung und dem Reichstag die Bildung von sachver
ständigen Beiräten bei den Konsulaten als wünschenswert bezeichnet
und in dieser Form dürften nun den Handelskammern ähnliche
Organisationen im Auslande ins Leben gerufen werden.
In Brüssel wurde eine deutsche Handelskammer durch die
dort ansässigen deutschen Kaufleute im Jahre 1894 gegründet. Dieselbe
besteht aus Ehrenmitgliedern, Gönnern, aktiven und korrespondieren
den Mitgliedern. Aktive Mitglieder müssen Inhaber einer Firma oder
Vertreter einer solchen und deutsche Reichsangehörige, direkte Nach
kommen eines deutschen Reichsangehörigen im ersten Gliede oder
endlich Vertreter deutscher Handelsinteressen in Belgien sein und
haben mindestens 20 1 ran cs jährlichen Beitrag zu leisten. Die Aufnahme
erfolgt nur auf Vorschlag von zwei Mitgliedern. Als korrespondierende
Mitglieder können Personen außerhalb Belgiens aufgenommen werden.
Dieselben haben einen Jahresbeitrag von 10 Francs zu entrichten. Die
Verwaltung und Leitung der Handelskammer obliegt einem Vorstande,
welcher aus mindestens LS und höchstens 24 Mitgliedern besteht,
von denen wenigstens zwei Drittel deutsche Reichsangehörige sein
müssen. Die Vorstandsmitglieder und die Funktionäre werden auf drei
Jahre gewählt. Dem kaiserlich deutschen Konsul in Brüssel ist Sitz
und Stimme bei den Beratungen des Vorstandes eingeräumt. Die
Handelskammer erteilt Gutachten über alle auf die deutschen Interessen
in Belgien bezughabemlen Fragen, insbesondere die Veränderungen
der Zollverhältnisse, der -Organisation, der Verkehrsmittel, namentlich
bei der Erneuerung von Handelsverträgen und gibt auf alle an sie
gerichteten Anfragen von Behörden, Korporationen oder Interessenten
entsprechende Auskünfte. Sie unterbreitet ferner im Interesse des
deutschen Handels und der deutschen Industrie oder auch einzelner
Firmen Anträge und Gesuche an alle öffentlichen Behörden, Korpora-